Dynamo Dresden ist ein Kultverein. Begleitet von historischen Bildern erzählen die folgenden Kapitel die spannende Geschichte der Sportgemeinschaft. Hier erfährst Du, wann der Fußball nach Dresden kam, und wie aus dem einstigen Polizeisportverein eine der heimstärksten Mannschaften in der Geschichte des Europapokals wurde. Die letzten Kapitel schildern vom sportlichen und wirtschaftlichen Niedergang der 1990er Jahre über die grandiose Rückkehr Anfang des neuen Jahrtausends bis hin zu den bewegten Auf- und Abstiegen der vergangenen Jahre.
Schon vor der Gründung der SG Dynamo ist Dresden eine Fußballstadt von nationaler Bedeutung. 1874 wird in Elbflorenz erstmals organisiert Fußball gespielt. Mit dem „Dresden English Football Club“ gründen Arbeitsimmigranten aus dem Mutterland des Fußballs in der sächsischen Landeshauptstadt einen der ersten Fußballvereine Deutschlands. Später werden der Dresdner Sportclub 1898, Guts Muts oder Fußballring 02 zu klangvollen Namen, die den Dresdner Fußball regional und überregional erfolgreich vertreten.
Nach dem 2. Weltkrieg werden auf dem Gebiet der späteren DDR von der Sowjetischen Militäradministration die als „bürgerlich“ geltenden Fußballklubs aufgelöst. Der Wiederbeginn des Spielbetriebs erfolgt zunächst auf Kreisebene und in Sportgemeinschaften, die nach ihrem Stadtteil benannt werden. 1948/1949 wird erstmals wieder eine Landesmeisterschaft ausgetragen, in der sich die SG Dresden-Friedrichstadt mit zahlreichen Spielern des erfolgreichen Dresdner SC den Titel holt. Vor allem die Spiele von Städteauswahlen ziehen in dieser Zeit die Zuschauer in ihren Bann: Bis zu 40.000 pilgern schon kurz nach dem Krieg zu einem Vergleich zwischen Dresden und Berlin ins Dresdner Ostragehege.
Neben dem gemeinschaftlich organisierten Fußball wird ab 1948 auch staatlich unterstützter Leistungsfußball gespielt. Dazu wird nach sowjetischem Vorbild im Oktober 1948 die Sportvereinigung Deutsche Volkspolizei gegründet – mit dem Ziel, „dass jeder Mitarbeiter […] der Deutschen Volkspolizei sich sportlich betätigt und der Sport zu einem gesellschaftlichen Bedürfnis wird“.
Im Juli 1950 werden die vierzig besten Spieler aller Volkspolizei-Mannschaften zu einem Lehrgang in Forst zusammengeholt. Die Trainer Fritz Sack und Paul Doering entscheiden sich letztlich für 17 Spieler aus elf verschiedenen Städten. Das Gerüst der künftigen Dresdner Mannschaft bilden die vier Potsdamer Spieler Schoen, Schröter, Matzen und Michael. Die SG Volkspolizei Dresden übernimmt zum Start der Saison 1950/1951 den Oberliga-Platz der SG Friedrichstadt. Damit wollen die sportlich und politisch Verantwortlichen des Landes die aufgebrachte Stimmung in (Fußball-)Dresden besänftigten, nachdem die Spieler der SG Friedrichstadt aus Protest gegen das mutmaßlich manipulierte Meisterschaftsfinale im April 1950 die DDR in Richtung Westen verlassen haben.
Nach Dresden delegierte Spieler wie Hänsicke, Matzen, Möbius, Schoen und „Moppel“ Schröter erhöhen die sportliche Qualität. Mit überzeugenden Auftritten spielen sie sich mit der Mannschaft schnell in die Herzen des Dresdner Publikums. In ihrer Premierensaison wird die VP-Elf Oberliga-Vierter, in der Saison 1951/1952 Vizemeister.
Am 12. April 1953 wird im Dresdner Filmtheater „Schauburg“ die SG Dynamo Dresden gegründet. Heinz Tülch, ein Oberstleutnant der Volkspolizei, wird der erste Vorsitzende. Knapp drei Monate später kann in Dresden der erste DDR-Meistertitel gefeiert werden: Im Entscheidungsspiel in Berlin wird die punktgleich platzierte BSG Wismut Aue in der Verlängerung mit 3:2 besiegt. In der Saison darauf folgt ein 3. Platz, danach aber der erste Niedergang in Fußball-Dresden: Im November 1954 wird die Mannschaft überraschend zum SC Dynamo Berlin (dem späteren BFC Dynamo) delegiert.
Dresden hat praktisch über Nacht keine Erstliga-Mannschaft mehr. Eine neue Dynamo-Mannschaft aus Reservespielern und den wenigen, die sich weigerten, nach Berlin zu wechseln, „darf“ den Platz des kurzerhand aufgelösten SC DHFK Leipzig in der 1. DDR-Liga (zweithöchste Spielklasse) übernehmen, steigt aber unmittelbar ab.
Noch bitterer kommt es im November 1956: Nach dem Einsatz eines nicht spielberechtigten Spielers – die Wechselfrist von vier Wochen wurde nicht eingehalten – wird Dynamo zu einem Punktabzug verurteilt, der schließlich den erstmaligen Abstieg in die viertklassige Bezirksliga zur Folge hat. Schnell geht es jedoch wieder bergauf: 1957 gelingt unter Trainer Kurt Kresse der sofortige Wiederaufstieg, ein Jahr später unter seinem Nachfolger Helmut Petzold der direkte Durchmarsch in die 1. DDR-Liga.
Bis zum Ende des Jahrzehnts gelingt es Dynamo, sich wieder in der DDR-Oberliga zu etablieren. Zuvor stehen dem Verein jedoch noch einige Fahrstuhljahre ins Haus. Nach dem Aufstieg 1962 führt der Weg ein Jahr später abermals in die 2. Liga. Dem sofortigen Wiederaufstieg folgt 1968 ein weiterer Abstieg. Zu diesem Zeitpunkt ist Dynamo jedoch längst als bedeutendster Klub der Region etabliert – und seit Sommer 1968 auch Fußball-Leistungszentrum des Bezirkes Dresden. Von 1969 an spielen die Schwarz-Gelben dann durchgehend in der DDR-Oberliga.
Schon 1967 gibt es die Zusage für den Start im internationalen Messestädte-Pokal, dem Vorgänger des UEFA-Pokals. Beim ersten Auftritt der SG Dynamo Dresden auf europäischer Ebene trifft die Mannschaft von Trainer Manfred Fuchs auf die Glasgow Rangers. 40.000 Zuschauer im Heinz-Steyer-Stadion sehen eine sich achtbar schlagende Dresdner Mannschaft, für die Dieter Riedel das Tor zum 1:1-Endstand erzielt. Das Rückspiel im Glasgower Ibrox Park verlieren die Dynamos mit 1:2. Nach dem späten Ausgleich durch den 20-jährigen „Hansi“ Kreische gelingt den Schotten in letzter Sekunde der entscheidende Treffer.
Der nächste internationale Auftritt der Schwarz-Gelben folgt erst im September 1970, abermals im Messe-Cup.
Die 1970er Jahre werden zum erfolgreichsten Jahrzehnt der Vereinsgeschichte. Fünfmal holen die Schwarz-Gelben den Meistertitel, zweimal wird Dynamo FDGB-Pokalsieger. 1971 gewinnt die SGD ihr erstes Double aus Meisterschaft und Pokal – ein Kunststück, das die Sportgemeinschaft 1977 und 1990 wiederholt. Für die Erfolge der 1970er Jahre verantwortlich: Trainerlegende Walter Fritzsch.
Nach dem Aufstieg 1969 übernimmt der gebürtige Planitzer (heute ein Stadtteil von Zwickau) die Mannschaft und führt sie mit akribischer Arbeit, die Wert auf Tempo und Präzision legt, an die nationale Spitze und auf die europäische Bühne: 52 Mal treten die Schwarz-Gelben zwischen 1970 und 1979 im internationalen Wettbewerb an und treffen dabei auf renommierte Gegner wie Leeds United, Ajax Amsterdam, FC Porto, Benfica Lissabon, FC Liverpool, Juventus Turin, Bayern München und den Hamburger SV. In insgesamt 49 Europapokal-Heimspielen sollte Dynamo Dresden bis 1991 35 Siege, elf Unentschieden und nur drei Niederlagen einfahren.
Neben einer attraktiven, ballorientierten Spielweise, die als „Dresdner Kreisel“ berühmt wird, gelingt es Fritzsch, in Dresden 15 Nationalspieler zu entwickeln und Talente wie Ulf Kirsten und Matthias Sammer früh zu entdecken.
Ende der 1970er Jahre übernimmt der BFC Dynamo die Vorherrschaft in der DDR-Oberliga. Die vom Chef des Ministeriums für Staatssicherheit, Erich Mielke, protegierten Berliner holen von 1979 bis 1988 zehn Mal in Folge den Meistertitel. Den anderen Klubs bleibt meist das sportliche Nachsehen, auch weil die Schiedsrichter das Spielgeschehen regelmäßig zugunsten der Weinrot-Weißen beeinflussen.
Umso größer ist die Freude, wenn dennoch ein Triumph gegen den BFC Dynamo gelingt. Mit den FDGB-Pokalsiegen 1982, 1984 und 1985 verderben die Schwarz-Gelben den Hauptstädtern drei Mal das fest eingeplante „Double“.
Auch international erleben die Dresdner in den 1980er Jahren viele Sternstunden. Ein Debakel bleibt gleichwohl bis heute als Fixpunkt in der Dynamo-Geschichte verankert. Im März 1986 führt Dynamo nach einem 2:0-Hinspielsieg auch im Rückspiel bei Bayer 05 Uerdingen zur Pause bereits mit 3:1. Nach einer schweren Verletzung von Torwart Bernd Jakubowski brechen jedoch alle Dämme und die Schwarz-Gelben scheiden mit einer 3:7-Niederlage aus dem Wettbewerb aus.
Große Momente gibt es vor allem in den späten 1980er Jahren. Nachdem die Schwarz-Gelben im Achtelfinale den AS Rom (mit DFB-Nationalstürmer Rudi Völler) im Hin- und Rückspiel jeweils mit 2:0 besiegt haben und auch Viktoria Bukarest im Viertelfinale keine Hürde darstellt, zieht erstmals eine Dynamo-Elf ins Halbfinale des Europapokals ein. Im April 1989 scheitert das Team von Trainer Eduard Geyer jedoch am VfB Stuttgart (0:1/1:1). Grund zur Freude gibt es dennoch im Sommer des Jahres. Bereits vier Spieltage vor Saisonende steht die Mannschaft um Ulf Kirsten und Matthias Sammer als verdienter DDR-Meister fest.
Die Jahre ab 1990 stehen auch für Dynamo Dresden unter dem Eindruck der politischen Wende. Mit der Änderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wird der Sport in den neuen Bundesländern von Anpassungszwängen erfasst. Der Spitzenfußball wird nach westlichem Vorbild professionalisiert. Dynamo verzeichnet die ersten Abgänge zentraler Spieler. Am 1. Juni 1990 wird Dynamo Dresden als eingetragener Verein gegründet. Zum ersten Präsidenten wird Wolf-Rüdiger Ziegenbalg gewählt.
Nach dem Gewinn des Doubles aus Meisterschaft und Pokal 1990 startet die letzte Oberliga-Saison mit der Herausforderung, die Qualifikation zur 1. Bundesliga zu erreichen. Das gelingt den Schwarz-Gelben schließlich am vorletzten Spieltag.
Überschattet wird dieser Erfolg von einem schwarzen Abend im Europapokal, der einen Tiefpunkt in der Vereinsgeschichte darstellt. Beim Europapokal-Rückspiel gegen Roter Stern Belgrad im März 1991 kommt es im Stadion und in der ganzen Stadt zu gewalttätigen Ausschreitungen. Die Krawallmacher waren teils aus ganz Deutschland angereist. Die Eskalation im Stadion veranlasst den spanischen Schiedsrichter Aladren in der 78. Minute zum Spielabbruch. Das bis heute letzte Spiel auf europäischer Ebene wird zu einem bitteren Abgang. Dynamo wird für zwei Jahre aus allen europäischen Wettbewerben ausgeschlossen. Doch der Verein sollte sich auf sportlichem Wege ohnehin nicht mehr für Europa qualifizieren. Inzwischen ist die Strafe verjährt.
In den Folgejahren bekommt der Klub die Gesetzmäßigkeiten des Profi-Geschäfts zu spüren. Zwar gelingt es aufgrund der zu DDR-Zeiten hervorragenden Jugendarbeit noch für einige Jahre, sportlich in der 1. Bundesliga mitzuhalten. Doch hierbei lebt der Verein von einer Substanz, die nicht mehr erneuert wird. Wirtschaftlich schwierige Rahmenbedingungen, fehlende Erfahrung und Missmanagement sorgen schließlich für den Niedergang des ostdeutschen Vorzeigeklubs. 1994 gelingt trotz eines Abzugs von vier Punkten noch der viel umjubelte Klassenerhalt, doch ein Jahr später können auch die medialen Inszenierungen von Präsident und Schwergewicht Rolf-Jürgen Otto den Lizenzentzug durch den DFB nicht mehr verhindern. Ab 1995 spielt Dynamo in der (damals drittklassigen) Regionalliga Nordost.
Trotz anhaltend hoher Zuschauerzahlen kann Dynamo die Ansprüche – allen voran der Aufstieg in Liga 2 – nicht erfüllen. Stattdessen folgt 2000 der nächste Tiefpunkt. Dynamo verpasst die Qualifikation für die neu eingeführte zweigleisige Regionalliga und muss erstmals seit 1957 wieder viertklassig spielen.
Nach Jahren der Enttäuschungen beginnt ab 2001 unter Trainer Christoph Franke der Neuaufbau. Franke führt die Schwarz-Gelben 2002 zur Staffel-Meisterschaft in der Oberliga. In der anschließenden Relegation gelingt gegen die Amateure von Hertha BSC der Aufstieg in die Regionalliga Nord. Zwei Jahre später schafft die Mannschaft unter Franke den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Die Gegner heißen nun nicht mehr Eintracht Sondershausen, Spandauer SV oder SV Braunsbedra, sondern Eintracht Frankfurt, 1. FC Köln und SC Freiburg.
Nach einem überraschenden 8. Platz bei der Zweitliga-Premiere, reicht in der folgenden Saison eine Siegesserie am Saisonende nicht aus. Trotz der ordentlichen Bilanz von 41 Punkten muss Dynamo den abermaligen Abstieg in die Regionalliga Nord hinnehmen.
Dort wird 2007 der direkte Wiederaufstieg knapp verpasst. 2008 qualifiziert sich die Elf für die neue eingleisige 3. Liga. Die Folgejahre verstreichen nicht ohne wiederholtes zwischenzeitliches Bangen um den Klassenerhalt. 2009 sorgt der Neubau des Rudolf-Harbig-Stadions für deutlich verbesserte Rahmenbedingungen. Bereits in der 3. Liga ist die neue Spielstätte mehrfach ausverkauft. Regelmäßig strömen Zehntausende Fans zu den Heimspielen und sorgen für eine begeisternde Kulisse.
2011 wird zum erfolgreichsten Jahr der jüngeren Vereinsgeschichte. In einem an Spannung kaum zu überbietenden Finale führt der kurz vor Saisonende verpflichtete Trainer Ralf Loose die zwischenzeitlich weit abgeschlagenen Schwarz-Gelben am letzten Spieltag auf den 3. Platz der 3. Liga, der zur Relegation um den Zweitliga-Aufstieg berechtigt. Nach dem 1:1 im Hinspiel geht es im Rückspiel beim VfL Osnabrück in die Verlängerung, wo Dani Schahin und Robert Koch den Aufstieg perfekt machen.
Auch im DFB-Pokal kann Dynamo feiern. Gegen den amtierenden Vizemeister Bayer 04 Leverkusen liegt Dynamo in der zweiten Hälfte bereits 0:3 zurück. Dann wird die Partie zum 3:3 ausgeglichen, bevor kurz vor dem Schluss der Verlängerung Alexander Schnetzler zum 4:3 trifft. In der 2. Hauptrunde erlebt Dynamo ein ambivalentes Spiel beim Deutschen Meister Borussia Dortmund. Eine trotz des 0:2 sportlich gute Leistung gerät durch Ausschreitungen im Dresdner Block in den Hintergrund. Im weiteren Saisonverlauf kommt die Mannschaft in der 2. Bundesliga nie in ernste Abstiegsgefahr und wird am Saisonende souverän Tabellen-Neunter.
Mit den sportlichen Erfolgen geht ein spürbarer Aufschwung für den Verein und sein Umfeld einher. Der Aufstieg 2011 löst einen wahren Mitglieder-Boom aus und macht Dynamo zum größten Sportverein der neuen Bundesländer. Angesichts der höheren Einnahmen in der 2. Bundesliga wird auch die wirtschaftliche Konsolidierung erfolgreich voran getrieben.
Künftig soll Dynamo keine roten Zahlen mehr schreiben. Stattdessen sollen die noch bestehenden Verbindlichkeiten mittelfristig abgebaut werden. Darüber hinaus ist es Dynamo in den letzten Jahren gelungen, gegenüber Geschäftspartnern und Institutionen wie der Landeshauptstadt Dresden wieder Anerkennung als verlässlich handelnder Verein zu finden.
Die Saison 2012/2013 wird für Dynamo zum Nervenkrimi. Obwohl bereits am dritten Spieltag in Duisburg der erste Auswärtssieg gelingt, bleiben die Schwarz-Gelben vor eigenem Publikum lange erfolglos. Ein sportlicher Lichtblick ist das Pokalspiel in Hannover am Reformationstag. Nach beherzter Leistung scheidet Dynamo erst im Elfmeterschießen gegen den ambitionierten Bundesligisten aus. Überschattet wird der Auftritt jedoch von Ausschreitungen und Pyrotechnik. Damit wird Dynamo nach Dortmund 2011 zum „Wiederholungstäter“.
Lediglich zwei Heimsiege stehen bis zum Jahreswechsel auf der Habenseite. Anfang Dezember muss Ralf Loose seinen Trainerstuhl räumen und Peter Pacult übernimmt das Ruder. In der Rückrunde kehrt Dynamo zu alter Heimstärke zurück, steht jedoch auf fremden Plätzen immer wieder mit leeren Händen da. Nur zwei Punkte kann die Mannschaft mit nach Dresden entführen. Während die Entscheidung um die direkten Abstiegsplätze frühzeitig fällt, hängt Dynamo auf dem Relegationsplatz fest und verpasst mehrmals die Chance, sich den Zweitliga-Verbleib aus eigener Kraft zu sichern.
Nach einem spannenden Saisonfinale, in dem alle Mannschaften im Tabellenkeller fleißig Punkte sammeln, muss die Sportgemeinschaft schließlich nachsitzen. In der Relegation trifft man auf einen alten Bekannten – den VfL Osnabrück. Das Team von Cheftrainer Peter Pacult verliert das Hinspiel bei den Niedersachsen mit 0:1. Die vier Tage bis zum Rückspiel in Dresden vergehen für Fans, Mitarbeiter, Verantwortliche und nicht zuletzt auch die Spieler wie in Zeitlupe. Doch im Rückspiel am 28. Mai verscheucht Dynamo das Abstiegsgespenst mit großem Kampf. Beim 2:0 bleibt die Spannung bis zur letzten Sekunde gleichsam unerträglich. Viele sagen nach dem Spiel, dass der Support von den Rängen an diesem Tag einer der besten war, den sie in Dresden je erlebt haben.
Durch den Bundesliga-Klassenerhalt der U17 und den Bundesliga-Aufstieg der U19 kann Dynamo am Saisonende schließlich sogar von der sportlich insgesamt besten Ausgangsposition seit dem Bundesliga-Abstieg 1995 sprechen. Einziger Wermutstropfen: Ein regionaler Fernsehsender verbreitet zum Relegation-Rückspiel die Falschmeldung von der unmittelbar bevorstehenden Entlassung Peter Pacults. Die Quelle, die offenbar im Umfeld des Vereins selbst zu suchen ist, erweist dadurch nicht nur Dynamo Dresden einen Bärendienst. Auch Peter Pacult, dem der Klassenerhalt geglückt ist, geht als Cheftrainer geschwächt in die neue Saison.
Aufgrund der Vorkommnisse bei den DFB-Pokalspielen in Dortmund und Hannover bleibt Dynamo Dresden für die Saison 2013/2014 vom DFB-Pokal ausgeschlossen. Ein Novum im deutschen Fußball. Gemeinsam mit dem Verein ruft die aktive Fanszene den alternativen „FDGB-Pokal“ ins Leben. Das Kürzel FDGB, das zu DDR-Zeiten für den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund stand, wird kurzerhand mit einer neuen Bedeutung besetzt: „Für Dynamo Gemeinsam Blechen“. Erstrunden-Gegner ist Premier-League-Aufsteiger Hull City. Nach schlechtem Start in die Zweitliga-Saison beurlaubt Dynamo Dresden am 18. August 2013 Cheftrainer Peter Pacult. Für zwei Punktspiele übernimmt Dynamos Sportlicher Leiter Steffen Menze interimsmäßig das Amt an der Seitenlinie.
Die Trainersuche läuft auf Hochtouren. Nach turbulenten Verhandlungen kann am Abend des 4. September 2013 endlich Vollzug gemeldet werden: Der gebürtige Krefelder Olaf Janßen übernimmt das wichtigste sportliche Amt bei der SGD. Auf der Pressekonferenz am nächsten Tag gelingt es dem 46-Jährigen, durch souveränes, kompetentes und sympathisches Auftreten viele Skeptiker davon zu überzeugen, dass er der richtige Mann für die Mission „Klassenerhalt“ sein kann.
Janßens erstes Spiel an der Seitenlinie folgt wenige Tage später im Viertelfinale des FDGB-Pokals, wo sich Dresden mit 2:0 gegen den Erstligisten Borussia Mönchengladbach durchsetzt. Auch das erste Pflichtspiel unter dem neuen Cheftrainer nimmt einen positiven Ausgang. Der frühere langjährige Profi des 1. FC Köln entführt dank eines Joker-Tors von Tobias Müller einen Punkt im Gastspiel bei Fortuna Düsseldorf – und bekommt Szenenapplaus von 36.000 Zuschauern, als er an der Seitenlinie einen ins Aus geschlagenen Ball mit der Brust herunternimmt. Was folgt ist eine Hinrunde, die den Verein und seine Fans optimistisch stimmte. In den 13 Spielen unter Janßen holt Dynamo bis zur Winterpause 18 Zähler – ein Punkteschnitt, der Dynamo über die gesamte Saison gesehen mit 47 Zählern auf den neunten Tabellenplatz katapultiert hätte.
Einziger sportlicher Wermutstropfen zu diesem Zeitpunkt: Abgesehen von Energie Cottbus, das nach dem 19. Spieltag abgeschlagen am Tabellenende lag, hatten die anderen Mannschaften mitgepunktet. Dynamo ist trotz der Leistungssteigerung nur um einen Rang auf Platz 17 geklettert. Aber das Tableau liegt extrem eng beieinander. Bis auf Rang Elf fehlen nur mickrige zwei Punkte. Exakt zwei Wochen nach den Fan-Ausschreitungen von Bielefeld, die das Bild vom Randale-Club Dynamo bundesweit noch weiter verfestigt hatten, geht Fußball-Dresden zumindest aus sportlicher Sicht mit Zuversicht in die Winterpause.
Und die Sportgemeinschaft kommt auch optimistisch aus der Winterpause zurück. Im türkischen Antalya hatte das Team intensiv gearbeitet und in den Testspielen einen guten Eindruck hinterlassen. Die Zuversicht, in der Rückrunde den Weg aus dem Tabellenkeller heraus zu finden, wird durch ein torloses Unentschieden in der Alten Försterei genährt. Dort dominiert die SGD das zu diesem Zeitpunkt um den Aufstieg mitspielende Union Berlin und versäumt es nur, sich dafür mit drei Punkten zu belohnen. Es ist ein zeitiger Frühlingstag im Februar. Die Dynamo-Herzen lachen in der Wuhlheide. Es soll der letzte unbeschwerte Moment in der Saison 2013/2014 bleiben.
Mit einer rätselhaften 2:3-Niederlage beim FSV Frankfurt, wo die Schwarz-Gelben zur Halbzeit gegen dezimierte Hessen mit einem Tor in Front liegen, nimmt eine enttäuschende Restrunde ihren Verlauf. Nur ein Sieg – im Heimspiel gegen 1860 München – steht bis zum 33. Spieltag zu Buche. Unfreiwillig mutiert die SGD zur Remis-Königin: 17 Unentschieden sind mit Abstand „Liga-Spitze“. Daneben stehen lediglich fünf Siege – also summa summarum 32 Punkte. Von daher ist es ironisch und glücklich zugleich, dass im Heimspiel am letzten Spieltag gegen Arminia Bielefeld eine weitere Punkteteilung genügen würde, um zum zweiten Mal in Folge den Joker Relegation zu ziehen. Doch in einer Partie, die sinnbildlich für die gesamte Spielzeit stand, hat Dynamo am Ende mit 2:3 das Nachsehen.
Zu allem Überfluss kommt es nach dem zwischenzeitlichen 2:0 für die Gäste zum ersten Mal seit langer Zeit wieder zu erheblichen Ausschreitungen von Dynamo-„Fans“ im eigenen Stadion. Das vorerst letzte Zweitliga-Spiel der SGD muss für 15 Minuten unterbrochen werden und steht kurz vor dem Abbruch. Am 11. Mai 2014, um 17.38 Uhr, dreieinhalb Stunden, nachdem über 10.000 Dynamo-Fans bei der Ankunft des Mannschaftsbusses Spalier wie für eine Meistermannschaft gestanden hatten, verabschiedet sich die SGD nach drei Jahren abermals aus der 2. Bundesliga.
Bereits am Tag darauf, als die schwarz-gelbe Fußballseele sich noch in Schockstarre befindet, stellt Dynamos Geschäftsführer Sport Ralf Minge die erste Weiche für den Neustart in Liga 3. In einem persönlichen Gespräch informiert er Olaf Janßen darüber, dass der Verein mit einem neuen Cheftrainer in die Saison 2014/2015 gehen wird. Zwei Tage nach dem Abstieg verabschiedet sich die Mannschaft voneinander. Nur neun Spieler besitzen zu diesem Zeitpunkt einen gültigen Vertrag für die 3. Liga. Der Verein steht – ein weiteres Mal – vor immensen Herausforderungen und einem Neubeginn.
18 Neuzugänge – davon vier aus dem eigenen Nachwuchs – und 19 Abgänge bedeuten einen tiefen Umbruch im Profi-Team. Doch mit schwungvollem und erfolgreichem Fußball sorgt die junge Mannschaft schnell für neue Begeisterung. Im August 2014 wird vor heimischer Kulisse Champions-League-Vertreter Schalke 04 aus dem DFB-Pokal gekegelt, am 12. Spieltag erklimmt Dynamo sogar die Tabellenspitze der 3. Liga.
Anfang 2015 kommt das von Ralf Minge avisierte „Projekt Neuanfang“ aber sichtbar ins Stocken. Im Februar wird Peter Németh neuer Cheftrainer, und im Schlussspurt zeigt die Mannschaft dann noch einmal, was in ihr steckt: Von Platz 12 geht es hoch bis auf Platz 6 – ein versöhnlicher Abschluss unter den Augen des designierten Cheftrainers Uwe Neuhaus, der bereits im April verpflichtet wird.
In der Nachwuchs Akademie gibt es im Juli 2015 etwas zu feiern: Bei der Zertifizierung durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) erreicht Dynamos Talenteschmiede mit drei Sternen die maximale Ausbeute.
Auch die Profis erwischen einen überragenden Saisonstart, holen zehn Siege und zwei Remis aus den ersten zwölf Spielen. Unter Trainer Uwe Neuhaus spielt die SGD dominanten Ballbesitzfußball und erobert am 3. Spieltag die Tabellenspitze – die die Mannschaft bis zum Saisonende nicht mehr hergibt.
Am 31. Oktober 2015 schreiben die Dynamo-Fans Geschichte, beim Heimspiel gegen Magdeburg schaut die Fußballwelt nach Dresden: Die größte Blockfahne (besser: Stadionfahne) Europas – eine der größten weltweit – wird präsentiert. Der 3:2-Heimsieg macht den Tag zu einem dynamischen Gesamtkunstwerk. Am 34. Spieltag ist es dann so weit: Dynamo meldet sich zurück in der 2. Bundesliga! Doch aufgrund der Vorfälle in Magdeburg und bei den Feierlichkeiten am Abend in Dresden ist es ein Aufstieg mit gemischten Gefühlen.
Das „Projekt Neuanfang“ ist am Ziel, das nächste Projekt – die Etablierung in Liga 2 – steht in den Startlöchern. Und die SGD ist bestens gerüstet: Dank der großen Solidarität der Mitglieder, die zwei Sonderumlagen beschlossen und bezahlten, dank der Erfolge im DFB-Pokal 2014/15, dank des enormen Zuschauerzuspruchs bei den Heimspielen (die europaweit mit deutlichem Abstand höchsten Besucherzahlen eines Fußball-Drittligisten!), dank eines Benefizspiels gegen den FC Bayern München und dank der gelebten wirtschaftlichen Vernunft ist die SGD am 21. März 2016 erstmals seit etwa 25 Jahren wieder schuldenfrei.
Es folgt die bis dato beste Spielzeit der Vereinsgeschichte in der 2. Bundesliga, an deren Ende die Mannschaft von Cheftrainer Uwe Neuhaus mit begeisterndem, kampfbetontem Offensivfußball den 5. Tabellenrang belegt.
Ein Jahr später können die Schwarz-Gelben nicht mehr an diese starken Leistungen anknüpfen und entgehen auf Tabellenplatz 14 nur knapp dem Abstieg. Als sich zu Beginn der Folgesaison der Erfolg weiterhin nicht einstellt, wird Neuhaus nach über drei Jahren freigestellt.
Wenig später übernimmt Maik Walpurgis den Cheftrainerposten in Elbflorenz, muss diesen am 24. Februar 2019 nach nur 166 Tagen im Amt allerdings aufgrund des ausbleibenden Erfolgs bereits wieder räumen. Für ihn kommt „Trainer-Eigengewächs“ Cristian Fiél, der zuvor bereits als Interimslösung an der Seitenlinie gestanden hatte, und führt die Sportgemeinschaft als Tabellenzwölfter zum Klassenerhalt.
Doch auch dieses Kapitel bringt im Anschluss nicht die erhoffte Entwicklung: Nach der 1:2-Niederlage in Kiel am 15. Spieltag, die damit die siebte Pleite aus acht Partien darstellt, trennen sich die Wege des einstigen Aufstiegshelden und der SGD. Wenige Wochen zuvor hatten über 30.000 Dresdner Fans im Berliner Olympiastadion in der 2. Runde des DFB-Pokals 2019/2020 für eine magische Atmosphäre gesorgt.
Nachfolger von Fiél wird im Dezember 2019 Markus Kauczinski, dem es bis Anfang März gelingt, den Rückstand auf den Relegationsplatz auf nur einen Zähler schrumpfen zu lassen. Allerdings kommt die durch Siege gegen Regensburg und den FC Erzgebirge entfachte Aufbruchsstimmung mit der Corona-Pandemie zu einem jähen Erliegen. Der Spielbetrieb wird vorerst eingestellt und soll erst Mitte Mai in der 2. Bundesliga wieder beginnen.
Aufgrund von Corona-Infektionen innerhalb der Mannschaft muss sich das Team der SG Dynamo Dresden Anfang Mai in häusliche Quarantäne begeben und verpasst damit den avisierten Restart. Durch die verlegten Partien steht ein Mammut-Programm mit sieben Pflichtspielen innerhalb von 19 Tagen an, das den Abstieg in die 3. Liga nach vier Jahren Zweitklassigkeit endgültig besiegelt.
Doch nicht nur der Abschied aus dem deutschen Fußballunterhaus fällt schwer, auch der von Vereinslegende Ralf Minge ist tränenreich. Nach über sechs Jahren als Sportgeschäftsführer wird sein Vertrag zum Saisonende nicht verlängert. Tausende Dynamo-Fans verabschieden ihn emotional nach dem letzten Saisonspiel.
Erneut steht der SGD ein großer Umbruch ins Haus. Dynamos neuer Sportgeschäftsführer Ralf Becker stellt mit wenigen verbliebenen Spielern aus der Vorsaison und vielen neuen Gesichtern eine junge, schlagkräftige Mannschaft zusammen, die die Vorbereitung im kurz zuvor eröffneten, neuen Trainingszentrum der Sportgemeinschaft aufnimmt.
Nach zwei Jahren Bauzeit bietet die AOK PLUS Walter-Fritzsch-Akademie am Messering 18 als Meilenstein für die Zukunftsausrichtung des Vereins fortan für Dynamos Profiteam und Nachwuchsmannschaften im Leistungsbereich professionelle und hochmoderne Trainingsbedingungen.
Nach Anlaufschwierigkeiten übernimmt die Profimannschaft der SGD am 14. Spieltag die Tabellenführung in der 3. Liga. Erst im April 2021 gerät der Aufstieg nach Niederlagen gegen Uerdingen und Schlusslicht Unterhaching noch mal in Gefahr. Als Folge findet ein Wechsel auf der Cheftrainerposition statt: Für Markus Kauczinski kommt Alexander Schmidt und macht mit fünf Siegen und einem Remis im Saisonendspurt den direkten Wiederaufstieg und die Drittliga-Meisterschaft perfekt.
Ein großer Wermutstropfen bleibt trotz der großen Aufstiegsfreude: Am Rande des entscheidenden Aufstiegsspiels gegen Türkgücü München kommt es außerhalb des Rudolf-Harbig-Stadions zu schweren Auseinandersetzungen mit zahlreichen Verletzten. Dynamo distanziert sich im Anschluss deutlich von den Geschehnissen, die monatelange Ermittlungen nach sich ziehen werden.
Die Saison 2021/22 beginnt mit 13 Punkten aus den ersten acht Ligaspielen zunächst vielversprechend. Nach einigen Aufs und Abs liegt die Sportgemeinschaft mit 22 Zählern auf dem Konto als Tabellenelfter noch voll im Soll.
Die restliche Rückrunde und das Jahr 2022 werden in der Folge allerdings zum Albtraum: Cheftrainer Alexander Schmidt wird Anfang März nach sieben Pflichtspielen in Folge ohne Sieg beurlaubt.
Für ihn übernimmt Guerino Capretti, der den Abwärtstrend anschließend auch nicht aufhalten kann. Die SGD muss nach insgesamt 17 sieglosen Partien hintereinander in die Relegation gegen den 1. FC Kaiserslautern. Ein 0:0-Unentschieden auswärts sowie eine 0:2-Niederlage im heimischen Rudolf-Harbig-Stadion bedeuten am Ende den bitteren Gang zurück in die 3. Liga.