Den „1. Dresdner Traditionstag“ beim Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf nahm die aktive Fanszene zum Anlass, mit den Ehrenspielführern der SG Dynamo Dresden ins Gespräch zu kommen.Carsten, Danny, Fabian, Felix, Mathias, Paul und René von ULTRAS DYNAMO sprachen mit „Hansi“ Kreische, Klaus Sammer, Dieter Riedel, „Dixie“ Dörner, Eduard Geyer und Hartmut Schade. Außerdem nahmen sich Romy Auslender, die Tochter von Reinhard Häfner, und René Beuchel als ehemaliger Schützling von Wolfgang Oeser Zeit für ein Gespräch.
Wir veröffentlichen die Interviews als achtteilige Serie.
Im Jahr 1966 wurden Sie von ihrem Heimatverein BSG Stahl Gröditz im Alter von 19 Jahren nach Dresden delegiert. Ihr erstes Spiel für Dynamo Dresden absolvierten Sie 1967. Hatten Sie zu dieser schon einen Berater, der Ihnen eventuell bei Entscheidung geholfen hat – oder haben das Ihre Eltern für Sie übernommen?
Berater wie zur heutigen Zeit hat es nicht gegeben, ein Verantwortlicher von Dynamo Dresden tauchte in Gröditz auf, weil der Verein auf mich aufmerksam geworden war. In enger Absprache mit meinen Eltern wurde ich dann mit 19 Jahren nach Dresden delegiert.
Im Jahr 1967 erzielten Sie gegen Glasgow Rangers das erste Tor der Europapokal-Geschichte der SGD. Haben Sie eine besondere Erinnerung an das Tor und das 1:1 in Dresden?
Ich habe das Tor noch in Erinnerung, als wäre es gestern gewesen. Am 20. September 2017 jährt es sich zum 50. Mal. Es war unbeschreiblich, mit Leuten wie Klaus Sammer, Wolfgang Haustein und anderen gestandenen Spielern zusammen zu spielen. Leider haben wir im Rückspiel in der letzten Minute noch ein Tor hinnehmen müssen und sind nach einer sehr guten Leistung ausgeschieden.
Ich kann mir vorstellen, dass es für Sie als 19-Jähriger unglaubliche Erlebnisse waren. Haben sie noch besondere Erinnerungen an die Stimmung zu dieser Zeit im Stadion?
Das waren einmalige Erlebnisse. Damals noch im Heinz-Steyer Stadion vor 40.000 Zuschauern oder vor der Riesenkulisse in Glasgow aufzulaufen hat man als junger Spieler gar nicht so richtig wahrgenommen. Mit Abstand nach so vielen Jahren betrachtet waren es unvergessliche Momente.
Sie haben 46 Europapokal-Spiele als Spieler bestritten. In Ihrer aktiven Zeit war es üblich, dass der Heimvorteil von großer Bedeutung war und viele Mannschaften mit Reisestrapazen der Auswärtsspiele nicht so richtig zu recht kamen. Bei Ihnen kam als DDR-Bürger noch hinzu, dass sich die Aus- und Einreise in bestimmte Länder als absolute Zumutung darstellte ...
Es war eigentlich immer eine Zumutung, zu den Europapokal-Spielen zu fahren. Die Zeit vor Ort wurde immer knappgehalten und Möglichkeiten für Ausflüge oder das Erkunden der Städte waren selten möglich.
Haben Sie eine besondere Situation im Kopf, die Sie uns näher beschreiben können?
Eine Geschichte ist mir bis heute in Erinnerung geblieben: Auch die innerdeutschen Vergleiche standen unter strenger Beobachtung. Beim Duell gegen Hertha BSC, welches im Olympiastadion in Westberlin ausgetragen wurde, unterhielt ich mich mit einem Spieler der Berliner. Ich hatte nicht vor, irgendwie in Westberlin zu bleiben, es war ein ganz normales Gespräch zwischen Fußballern. Nach kurzer Zeit kam ein Funktionär und sagte zu mir: „Riedel, willst du nicht langsam mal zum Ende kommen?“. Ich gab ihm die Antwort, dass ich selbst entscheide, wann ich das Gespräch beende. Auf der Rückreise dachte ich dann darüber nach, ob es auf Grund meiner Reaktion vielleicht das letzte Spiel für Dynamo gewesen war und ich am Montag Besuch zu Hause bekommen würde. Aber glücklicherweise bewahrheiteten sich meine Bedenken nicht.
{media-left}1976 gewannen Sie mit der DDR Nationalmannschaft die Goldmedaille in Kanada. Für viele Sportler ist es das größte Ziel in ihrer sportlichen Laufbahn. Heutzutage ist das Olympische Turnier aber eher eine Zusatzbelastung für Fußballprofis. Wie haben Sie damals die Reise erlebt?
Olympia ist für den Fußballer immer so eine unliebsame Geschichte. Die Weltmeisterschaft hat einen viel höheren Stellenwert. Aber wenn man bedenkt, dass wir den aktuellen Europameister Tschechien in der Qualifikation für Olympia bezwungen haben ... Im Endspiel konnten wir gegen den Weltmeisterschafts-Dritten Polen den Olympiasieg erringen. Das war der größte Erfolg in meiner sportlichen Karriere. Die ganze Reise war für alle Spieler, die mit in Kanada waren, ein unvergleichliches Erlebnis. Natürlich stand man auch dort unter täglicher Beobachtung der Funktionäre.
Nach Ihrer aktiven Zeit als Spieler blieben Sie dem Verein als Co-Trainer von 1982 bis 1986 erhalten. Eine erfolgreiche Spielerkarriere macht aber nicht gleichzeitig einen guten Trainer aus. Wie kamen Sie damals zu diesem Posten an der Seite von Klaus Sammer und Gerhard Prautzsch?
Ich hatte 1981 meine Laufbahn beendet, da kam Gerhard Prautzsch auf mich zu. Er schilderte mir die aktuelle Verletzungssituation und überzeugte mich von einem Einsatz als Spieler gegen Erfurt. Dieses Spiel gewannen wir 1:0. Gleichzeitig war das mein letztes Spiel für die SGD. Danach arbeitete ich als Trainer der A-Jugend von Dynamo, mit der ich zweimal DDR-Meister wurde. Als Klaus Sammer dann das Angebot erhielt, Trainer der Oberliga-Mannschaft zu werden, fragte er mich, ob ich an seiner Seite als Co-Trainer arbeiten möchte. Ich musste nicht lange überlegen und nahm das Angebot an. National und international haben wir den Verein sehr gut vertreten. Leider hatten wir dann das Viertelfinale im Europacup in Uerdingen, welches wir sang- und klanglos 3:7 verloren. Das war das Ende meiner bzw. unserer Trainerlaufbahn. Ein Debakel zur damaligen Zeit, welches aber auch seine Gründe hatte. Bernd Jakubowski musste zur Halbzeit verletzt ausgewechselt werden und unser zweiter Torhüter Jörg Klimpel durfte gar nicht nach Uerdingen fahren, weil er sich in Tschechien mit Leuten aus der BRD getroffen hatte.
Wie oft schauen Sie sich noch Spiele der SG Dynamo Dresden im Stadion an?
Wer seit 1966 bei Dynamo als Spieler, Co-Trainer, Jugendleiter, Präsident und Marketingchef gearbeitet sowie im Aufsichtsrat unzählige Ämter begleidet hat und sich für nichts zu schade war, wird immer mit diesem Verein eng verbunden sein. Ich habe die Verantwortung nie gescheut, weil Dynamo Dresden mir immer am Herzen lag und immer noch liegt. So lange es die Gesundheit mir erlaubt, möchte ich jedes Heimspiel im Stadion miterleben, weil es für mich ein Erlebnis ist. Es ist mein Wohnzimmer gewesen und das soll es auch bleiben.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Danny (Ultras Dynamo)
Dies ist eine migrierte News einer früheren Website-Version der SG Dynamo Dresden. Wir bitten um Verständnis, dass es aus technischen Gründen möglicherweise zu Fehlern in der Darstellung kommen kann bzw. einzelne Links nicht funktionieren.