Verein
12. November 2013 // 19.03 Uhr

„Der Rückhalt fehlt noch.“

Themenwoche, Teil II von V | Geschäftsführer Ralf Gabriel über die Stadionverträge


Teil II von V der „Themenwoche“ vor der anstehenden Mitgliederversammlung befasst sich mit den Stadionverträgen. Diese Papiere halten das Dreiecks-Verhältnis zwischen Dynamo, der Stadt Dresden und der Stadion Projektgesellschaft (PG) fest. So komplex diese Verträge sein mögen, eines ist relativ simpel: Dynamo Dresden liegt mit der Stadionmiete im Vergleich aller Bundesligisten im oberen Bereich. Für die Wettbewerbsfähigkeit und damit für die Existenz der SGD ist diese Situation bedrohlich.

Wir sprachen mit Dynamo-Geschäftsführer Ralf Gabriel über die unterschiedlichen Interessen der drei Parteien, die doch eigentlich im selben Boot sitzen. Er erklärte uns, wo Dynamo den Hebel ansetzen kann und weshalb eine Veränderung des Konstrukts so langwierig und mühsam ist. Außerdem verriet Ralf Gabriel uns, warum die Schildbürger ihren einst guten Ruf absichtlich ruinierten.

{media-left}Herr Gabriel, kennen Sie eigentlich einen der zahlreichen Streiche der Bürger von Schilda?

(lacht) Da gibt es ja einige. Spontan fällt mir dieser ein: Die Schildbürger wollen Krähen vertreiben, die die frische Aussaat vom Gemeindeacker picken. Der Gemeindevorsteher übernimmt diese Aufgabe. Damit er jedoch die frische Saat nicht zertrampelt, tragen ihn vier Männer auf einer Plattform auf das Feld...

Was halten Sie von folgendem Streich: Die Bürger von Schilda bauen für viel Geld ein Theater, erteilen den Schauspielern dann jedoch Berufsverbot. Es gibt keine Vorstellungen und das Theater steht leer und verursacht Kosten…

Im Hinblick auf die Problematik der Stadionverträge hinkt dieser Vergleich ein wenig. Schließlich erteilt unserer Profimannschaft niemand ein Berufsverbot. Wenn man die Sache jedoch, ausgehend vom Status quo, weiter denkt und bewusst zuspitzt, dann lässt sich ein vergleichbares Szenario zeichnen: Die deutlich überzogene Stadionmiete stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Wettbewerbsfähigkeit und Existenz von Dynamo im Profifußball dar. Durch eine Insolvenz des Vereins wäre langfristig kein Mieter in Sicht. Dann stünde die Bühne tatsächlich leer. Und das Bild vom Theater legt noch ein anderes Argument nahe: Sport ist ganz unstrittig ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Lebens, und Dynamo ist ein wichtiger Teil des sportlichen Lebens. Kulturstadt zu sein gehört zu Dresdens Identität. Deshalb muss es ein wichtiges Anliegen der Stadt sein, Dynamo Dresden lebensfähig zu halten…{media-left-adv}…eine dramatische Formulierung!

Im Kern aber zutreffend. Dabei vergesse ich keineswegs, dass Dynamo Dresden und die Stadt nicht bilateral verhandeln, sondern mit der Stadion Projektgesellschaft eine dritte Partei am Tisch sitzt.

…die ihre ureigenen Interessen einbringt und am längeren Hebel sitzt?

Dass jeder seine eigenen Interessen einbringt, ist das Normalste auf der Welt. Dass jedoch die PG am längeren Hebel sitzt, ist unzutreffend. Wenn Dynamo Dresden wirklich Insolvenz anmelden müsste, dann würde die PG am nächsten Tag zwangsläufig selbst beim Insolvenzverwalter vorsprechen. Oder anders ausgedrückt: Wenn das Kulturobjekt Dynamo Dresden verschwindet, dann existiert auch die PG nicht weiter. So ist das Vertragswerk.

Aber dann müsste doch gerade bei der Projektgesellschaft das Bewusstsein vorhanden sein, dass man Dynamo Dresden als einzig möglichem Mieter entgegenkommen muss?

Dieses Bewusstsein müsste prinzipiell nicht nur bei der PG, sondern auch bei der Stadt vorhanden sein. Denn wenn das Stadion leer steht, fallen trotzdem weiterhin Unterhaltungskosten an. Schließlich kann man diese „Spezialimmobilie“ schlecht sich selbst überlassen.

Wo lägen diese Unterhaltungskosten für ein leeres Stadion in etwa?

Die würden sich auf jährlich ca. 1,5 Millionen Euro belaufen. Hinzu kommt die Refinanzierung des Kredites für den Stadionbau.

{media-right}Vor diesem Hintergrund dürfte die Verhandlungsposition von Dynamo Dresden doch eigentlich ganz gut sein – als einzig möglicher Mieter verfügt der Verein ja quasi über ein Nachfragemonopol?

In der Theorie ist das richtig. In der Praxis sieht es jedoch so aus, dass Dynamo Dresden bei dem Thema die Lobby fehlt. Man muss schlichtweg konstatieren, dass die Bereitschaft, eine für alle Parteien trag- und zukunftsfähige Lösung zu schmieden, bei unseren Verhandlungspartnern im Moment noch nicht vorhanden ist. Wir sitzen gewissermaßen in einem Boot, aber mit dem Rücken zueinander. Man muss sich eines nochmal klar machen: Es existieren gültige Verträge. Die gestaltet man nicht einfach mal um, schon gar nicht in der komplexen Dreier-Konstellation, und dann auch noch, zumindest kurzfristig gedacht, zuungunsten der anderen Parteien. Die einzige Möglichkeit, diese Verträge langsam aufzuspalten und zu verändern, ist langwierige Lobby-Arbeit. Dynamo Dresden hat in den letzten Jahren sehr viel für sein Image getan. Aber der Verein hat immer noch nicht den Rückhalt in der Stadt beziehungsweise im Stadtrat, den er bräuchte, um die Stadionverträge kurzfristig neu zu verhandeln. Hier ist Eichhörnchen-Arbeit gefragt.

Und diese Lobby-Arbeit zählt zu den großen Herausforderungen – nicht nur für die Geschäftsführung, sondern auch für den nächsten Aufsichtsrat...

Unbedingt! Das ist eine existenzielle Aufgabe, bei der Geschäftsführung und Aufsichtsräte möglichst eng zusammenarbeiten sollten.

Vor fast genau drei Jahren hat Dynamos damaliger Geschäftsführer Volker Oppitz in einem KREISEL-Interview gesagt, dass eine Stadionmiete von 500.000 Euro realistisch wäre. Das bezog sich damals noch auf die 3. Liga. Was ist aus Ihrer Sicht eine realistische Miete für einen Zweitligisten Dynamo Dresden?

Damals standen 500.000 Euro für die 3. Liga und 1,5 Millionen Euro für die 2. Bundesliga im Raum. Das waren die Zahlen, die im Stadion-Beirat diskutiert wurden, in dem Vertreter aus Stadt, Projektgesellschaft und Verein saßen. Natürlich müsste man über diese Beträge heute neu sprechen.

Wie hoch ist die Miete im Moment und wo ordnet sich Dynamo im Vergleich mit den anderen 35 Bundesligisten ein?

Im Moment sprechen wir über 4,75 Millionen Euro pro Jahr. Damit liegen wir auf beide Ligen bezogen am oberen Ende. Die Summen bei anderen Clubs liegen etwa zwischen einer halben Million und fünf Millionen Euro. Der zweite wesentliche Faktor sind die städtischen Zuschüsse. Die lagen in der vergangenen Saison bei 1,2 Millionen Euro, in dieser Saison liegen sie nur noch bei 750.000 Euro, und nach derzeitigem Stand fällt der Zuschuss ab kommender Saison ganz weg. Außerdem kommt erschwerend hinzu, dass die PG zum 1. Januar 2013 erstmals die Stadionmiete angehoben hat, was laut Vertrag erlaubt ist. Wenn wir den wegfallenden Zuschuss und die gestiegene Miete zusammenrechnen, dann kommen auf Dynamo im Vergleich zur laufenden Saison ab 1. Juli 2014 Mehrkosten in Höhe von deutlich über einer Million Euro zu.

Nach dem Abstieg der Hertha hat das Land Berlin dem Verein massiv unter die Arme gegriffen. Sehen Sie darin ein Modell?

Ich würde den Begriff „Modell“ vermeiden, denn zwischen beiden Vereinen und den Stadien, insbesondere aber zwischen beiden Städten liegen Welten. Aber der Berliner Senat hat eins erkannt: Wenn Hertha langfristig in der 2. Liga hängen geblieben wäre, dann wären die Einnahmen drastisch gesunken und das gesamte Konstrukt ernsthaft gefährdet gewesen. Hier kann man eine klare Parallele zur Situation in Dresden ziehen. Es gibt in der Konstellation nur einen Strang, und es kommt darauf an, dass alle Beteiligten in dieselbe Richtung ziehen. Ganz ähnlich gestaltet sich die Situation übrigens auch in Köln.

Wussten Sie eigentlich, dass die Bürger von Schilda in Wirklichkeit sehr klug waren?

Sie waren so klug, dass sie in alle Herren Länder gegangen und Berater von Königen, Fürsten und Kaisern geworden sind. Irgendwann haben sie dann beschlossen, mit ihrer Klugheit ein bisschen hinter dem Berg zu halten, um diesen Effekt zu stoppen. Sonst wäre die Stadt ausgeblutet.

Korrekt! Ursprünglich waren die Schildaer weltbekannt für ihre Klugheit. Das lässt doch hoffen…

(lacht) So würde ich das auch sehen.

Dies ist eine migrierte News einer früheren Website-Version der SG Dynamo Dresden. Wir bitten um Verständnis, dass es aus technischen Gründen möglicherweise zu Fehlern in der Darstellung kommen kann bzw. einzelne Links nicht funktionieren.


 

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