Die SG Dynamo Dresden vereint unter ihren Farben Menschen verschiedenster Herkunft, Kulturen und Glaubensrichtungen. Da macht auch der Trainer- und Betreuerstab der Drittliga-Mannschaft der SGD keine Ausnahme.Deshalb haben wir uns zum Internationalen Tag gegen Rassismus mit Dynamos Torwarttrainer David Yelldell unterhalten, um mit ihm über seine Gedanken, Erfahrungen und Hoffnungen in Bezug auf dieses wichtige gesellschaftliche Thema zu sprechen.
Dabei erzählt der 39-jährige Deutsch-Amerikaner unter anderem, was ihn mit dem Heimatland seines Vaters verbindet, wie er persönlich in der Vergangenheit mit rassistischen Anfeindungen umgegangen ist und was er seinen Kindern mit auf den Weg gibt.
Was bedeutet für dich Heimat, David?
Über die vielen Jahre meiner Karriere als Fußball-Profi ist Heimat zu einem unbestimmten Ort geworden. Für mich ist heute dort Heimat, wo meine Familie gerade ist, wo ich mich als Mensch wohlfühle und einen Rückzugsort habe.
{media-left}Sind deine Frau und eure beiden Kinder in der Zwischenzeit auch in der Stadt angekommen?
Ja, wir sind endlich wieder vereint und sind zusammen in Dresden angekommen. Das war für mich auch der wichtigste Faktor, um mich hier richtig heimisch fühlen zu können.
Lass uns über die Heimat deiner Eltern sprechen. Deine Mutter ist Deutsche und dein Dad US-Amerikaner, der einst als Soldat in Deutschland stationiert war. Welche Rolle spielt die USA in deinem Leben?
Früher war die USA in meinem Leben ein immer sehr gern gesehenes Urlaubsziel, auch um meinen Papa zu besuchen, der dort bis heute in seiner Heimat lebt. Außerdem mag ich amerikanisches Essen. (lacht) Ich liebe den US-Sport, wie die National Football League (NFL) und besitze neben dem deutschen auch einen US-amerikanischen Pass. Aber grundsätzlich bin ich schon sehr deutsch geprägt, weil ich hier geboren und aufgewachsen bin.
Du hast am 29. März 2011 – also vor fast genau zehn Jahren – dein einziges Länderspiel für die USA gegen Paraguay absolviert. Welche Erinnerungen verbindest du mit diesem Erlebnis?
Es war großartig für mich, dass ich damals zur Nationalmannschaft eingeladen wurde und dann auch noch eine Halbzeit lang im Tor stehen durfte, auch wenn wir die Partie knapp mit 0:1 verloren haben.
{media-right}Wo fand das Spiel statt?
Wir haben in Nashville, der Hauptstadt des US-Bundesstaats Tennessee, gespielt. Die Gegend ist weltweit vor allem für Country-Musik bekannt. Die zehn Tage bei der US-Auswahl werde ich nie vergessen. Das war ein sehr schönes Erlebnis.
Hast du dir irgendein Erinnerungsstück von dem Tag aufbewahren können?
Ja, tatsächlich. Ich war nicht der einzige Spieler, der an diesem Tag seinen ersten Einsatz für die USA hatte. Alle Debütanten haben nach dem Spiel einen Ball als Erinnerung an den Tag mit den Unterschriften des gesamten Teams bekommen. Der Ball hat einen Ehrenplatz daheim bekommen. Die komplette Spielkleidung müsste ich auch noch irgendwo in einer Kiste zuhause aufgehoben haben.
Das Trainer- und Betreuerteam der SGD ist von Vielfalt geprägt. Sind die verschiedenen kulturellen Einflüsse im Alltag ein Thema?
Nein, das ist eigentlich kein großes Thema. Klar frag ich „Fery“ (Ferydoon Zandi, Co-Trainer) oder Kenta (Kambara, Zeugwart) mal an der einen oder anderen Stelle, wie es im Iran oder eben in Japan so zugeht, weil es mich einfach interessiert. Aber wenn du wie ich lange im Fußball unterwegs bist, dann gehören viele verschiedene Nationalitäten und Einflüsse zum absoluten Alltag. Es ist aber immer interessant, etwas mehr über die Heimatländer deiner Kollegen zu erfahren, denn man versucht sich in gewisser Weise auch immer ein Stück weiterzubilden. Aber Reibungspunkte gibt es deshalb im Alltag keine.
{media-left}Ist der Fußball an dieser Stelle Vorbild für unsere Gesellschaft im Jahr 2021?
Das glaube ich schon. Ich selbst bin hier in Deutschland geboren und aufgewachsen – inklusive eines schwäbischen Dialekts. (lacht) Ich habe über die Jahre Freunde aus allen möglichen Nationen gefunden, die mein Leben bereichern. Heutzutage sollte es eigentlich kein Thema mehr sein, wo ein Mensch herkommt, was er für eine Hautfarbe oder Religion hat. An dieser Stelle kann der Fußball Vorbild für unsere Gesellschaft sein, denn er hilft Vorurteile abzubauen. Wir alle arbeiten völlig unabhängig von unserer Herkunft und Nationalität, Hautfarbe und Religion jeden Tag zusammen als Team dafür, dass Dynamo Dresden erfolgreich ist. Das sollte im Vordergrund stehen, denn nur das zählt am Ende des Tages.
Gegenwärtig finden die internationalen Wochen gegen Rassismus statt. Bist du selbst schon mal Opfer von Rassismus geworden?
Ich habe es schon zu Schulzeiten immer wieder mal erlebt, dass bestimmte Andeutungen wegen meiner Hautfarbe gemacht worden sind und habe früh versucht, einen Umgang mit Alltagsrassismus zu finden und solche Situationen nicht zu nah an mich herankommen zu lassen. Ganz ehrlich gesagt, habe ich solche Vorfälle meist versucht mit Humor zu nehmen. Ich habe auf dumme Sprüche schon mal spontan mit einem flapsigen Spruch im breiten Schwäbisch geantwortet. Dann waren die meisten etwas überwältigt, weil ihr Weltbild in ihrem Kopf für einen Moment durcheinandergeraten war.
Nicht nur die Gesellschaft im Heimatland deines Vaters wirkt gespalten. Was ging dir durch den Kopf, als am 6. Januar 2021 das Kapitol in der ältesten Demokratie der Welt gestürmt wurde?
Es war im ersten Moment schwer zu glauben, dass das wirklich passiert ist. Aber erschrocken hat mich das nicht, wenn ich ehrlich sein soll. Es ist eine Entwicklung, die wir in den letzten Jahren auch medial beobachten können. Der grausame Tod von George Floyd, der zufällig gefilmt wurde, war beispielsweise nur die Spitze des Eisberges. Die meisten Fälle kommen ja gar nicht ans Tageslicht.
{media-right}Wie geht dein Vater in den USA damit um?
Mein Vater war lange bei der US-Army und hat mir auch immer wieder von Vorfällen dort berichtet, die im Zusammenhang mit Hautfarbe oder Herkunft der Menschen standen. Als Schwarzer werden dir auch heute noch in den USA zwei, drei Steine mehr in den Weg gelegt, wenn du die Karriereleiter nach oben klettern möchtest.
Premier-League-Profi Wilfried Zaha von Crystal Palace verzichtet auf den symbolischen Kniefall, weil der Kampf gegen Rassismus nicht zur Routine werden darf. Was würdest du deinen Kindern raten, wenn sie dich eines Tages fragen, was sie offenem Rassismus entgegnen sollten?
Wir leben in einer Welt, wo wir besser aufeinander aufpassen und immer wieder das Verbindende betonen sollten. Ich versuche meine Kinder genauso zu erziehen, dass sie offen für alle Kulturen sind und Menschen nicht in irgendwelche Schubladen stecken. Das ist schon mal ein guter Anfang, denke ich.
Was würdest du deinen Kindern empfehlen, wenn sie dich fragen?
Rassismus sollte man mit klarer Kante begegnen und immer versuchen auch verbal dagegen zu halten, wenn es möglich ist und man sich dabei nicht selbst in Gefahr bringt. Das würde ich so auch meinen Kindern raten. Anti-Rassismus-Arbeit und das gemeinsame Zeichen setzen im Fußball ist wichtig, aber worauf es wirklich ankommt, ist der Umgang damit im alltäglichen Leben. Dort müssen Werte wie Offenheit und Respekt wirklich gelebt werden. Für mich gibt es nur gute und schlechte Menschen – völlig unabhängig von Nationalitäten, Hautfarbe oder Religionen.
Herzlichen Dank für das offene Gespräch, David. Schön, dass du ein Teil der Sportgemeinschaft bist.
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