Wenige Tage vor dem Auswärtsspiel beim TSV 1860 München (Sonntag, 13.30 Uhr) sprachen wir mit „Löwen“-Schreck Marco Vorbeck. Beim legendären 2:1-Sieg der SGD am 9. September 2005 in der Münchner Allianz Arena erzielte der ehemalige Dynamo-Stürmer beide Tore. Ihren historischen Stellenwert bezieht die Begegnung nicht nur aus dem Fakt, dass es bis dahin keiner Gastmannschaft gelungen war, in der Arena ein Pflichtspiel zu gewinnen. Aus Dynamo-Sicht war dieser Tag auch deshalb so besonders, weil über 20.000 schwarz-gelbe Fans den Münchner Fußballtempel 90 Minuten lang fest im Griff hatten.Wir sprachen mit Marco Vorbeck natürlich über dieses Spiel, aber auch über seine jetzige Tätigkeit als U17-Trainer und Leiter des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) beim TSV 1860 Rosenheim. Der 32-jährige gebürtige Kühlungsborner nannte uns die drei größten Erlebnisse seiner Fußballerlaufbahn – und er verriet uns, weshalb er sich über den Fernsehkonsum von manchem Zwölfjährigem wundert.
Wir erreichen Marco Vorbeck auf dem Fußballplatz. Nach kurzem Gruß in unsere Richtung („Habe die Ehre“) ruft er jemandem etwas zu. („Die Laibchen sind im Ballraum! … Ja, wir haben selbst kaum noch welche!“) Dann ist er wieder für uns da.
Marco, die Frage danach, wo wir dich gerade erreichen, hat sich schon von selbst beantwortet…
Ich bin gerade von der Arbeit gekommen und jetzt auf dem Fußballplatz. Ich bin U17-Trainer und NLZ-Leiter bei 1860 Rosenheim. Jetzt habe ich noch eine Stunde Zeit, bis 18.30 Uhr, dann beginnt das Training mit meinen Jungs. Solange schaue ich ein bisschen zu, was die anderen Trainer machen.
Mit wem hattest du gerade über die Laibchen gesprochen?
Das war der U14-Trainer.
Du warst zuerst U19-Trainer?
Genau. Aber dadurch, dass ich inzwischen Stützpunkttrainer bin, darf ich keine U19 mehr trainieren, sondern nur bis zur U17, das gibt der DFB so vor.
{media-left}Anderes Thema – wir haben hier eine von dir signierte Eintrittskarte. Kannst du dir denken, von welchem Spiel die ist?
Wacker Burghausen.
Dann hast du anscheinend mehr als eine Eintrittskarte signiert…
Nein, das war nur ein Spaß. Ich nehme an, die ist von eurem Lieblingsspiel gegen 1860.
Korrekt. Neben der Unterschrift steht deine Rückennummer, die 30.
Die 30, sicher? Ich weiß, dass ich bei Rostock die 30 hatte, aber bei Dynamo … Gut, wahrscheinlich hatte ich die im ersten Jahr übernommen, und erst danach eine andere Nummer.
Baier, Hoffmann, Costa – sagen dir diese drei Namen spontan etwas?
Daniel Baier, Torben Hoffmann…
Exakt! Du weißt, worum es geht?
Erst an Baier vorbei, dann an Hoffmann, und nachher kam noch Costa. So war das doch, oder? (lacht) An Baier hätte ich mich jetzt ehrlich gesagt nicht mehr genau erinnert, aber an Torben Hoffmann auf jeden Fall, weil er in dem Spiel mein Gegenspieler war. Und bei Costa weiß ich noch, dass er am Schluss noch angegrätscht kam.
Wusstet ihr damals, dass sich 20.000 Dynamo-Fans auf den Weg nach München gemacht hatten, oder habt ihr erst vor Ort realisiert, was dort im Stadion abging?
Sagen wir mal so, es war absehbar, dass es sehr viele Leute werden. Die Karten waren im Vorverkauf schnell weg und wir wussten, dass viele Fans daraufhin direkt in München angefragt haben. Uns war also schon klar, dass die Hütte voll sein wird. Dass es dann aber so viel wird, das war uns freilich doch nicht bewusst. Umso schöner war es, als wir im Stadion den Eindruck hatten, dass gefühlt 90 Prozent schwarz-gelb sind.
Die Löwen lagen dir gut, deinen ersten Bundesligatreffer hast du mit 21 Jahren auch gegen 1860 gemacht, direkt bei deinem Bundesliga-Debüt. Welches Spiel würdest im Nachhinein als das Highlight deiner Laufbahn bezeichnen?
{media-right}Im Grunde genommen gab es drei besondere Ereignisse. Mein erstes Bundesligaspiel mit dem Tor gegen 1860. Dann natürlich das Spiel, über das wir gerade gesprochen haben, weil das von der Atmosphäre mit das Beste war. Und schließlich mein letztes Bundesligaspiel in Dortmund, vor über 80.000 Zuschauern. Auch wenn wir dort auf den Sack bekommen haben und dann abgestiegen sind – dieses Stadion mit der gelben Wand war schon beeindruckend. (Marco Vorbeck erzielte in dieser Partie nach Flanke von René Rydlewicz die 1:0-Führung für Hansa Rostock gegen den BVB, Dortmund setzte sich durch Tore von Kruska und Koller letztlich mit 2:1 durch. / d.Red.)
Du hast 38 Bundesliga-Spiele und drei U21-Länderspiele. Dass deine Karriere sicher besser hätte verlaufen können, ist oft besprochen worden, du hast dich dazu auch immer wieder sehr selbstkritisch geäußert. Schauen wir nach vorn: Was machst du heute beruflich, was sind deine Ziele?
Im Grunde genommen habe ich inzwischen zwei Berufe. Aufgrund einer Verletzung, die ich mir wohl schon bei Dynamo zugezogen hatte, habe ich beim FC Augsburg 2009 meine Karriere beendet. Danach kamen zwei Dinge infrage – Ausbildung oder Studium. Diese Entscheidung hing auch damit zusammen, wo ich einen Verein finde, bei dem ich nebenbei noch Fußball spielen kann und der mich unterstützt. Es ist dann die Ausbildung bei der Sparkasse geworden, wo ich jetzt auch arbeite. Nebenbei mache ich meine Trainerscheine, habe inzwischen die B-Lizenz. Mein Ziel ist es, im Fußball wieder Fuß zu fassen, indem ich als Trainer arbeite. Ich gehe diesen Weg Schritt für Schritt, bin jetzt Nachwuchsleiter bei Rosenheim, möchte aber irgendwann als Trainer auch im Männerbereich höherklassig tätig sein. Momentan suche ich eine hauptamtliche Trainerstelle in einem Bundesliga-NLZ, um mich als Trainer weiter zu entwickeln und endlich wieder nur mit Fußball zu tun zu haben. Im Fußball zu arbeiten ist das, was den meisten Spaß macht, wenn man sein Leben lang Fußball gespielt hat.
Welche Philosophie bringst du deinen Nachwuchsspielern rüber?
Dass man sich auf das Wesentliche beschränkt. Dass man sich nicht andauernd bei Youtube die Cristiano Ronaldos und Messis anschaut, sondern erstmal an den Grundlagen arbeitet. Einfaches Jonglieren fällt heute vielen Jungs schon schwer, fünfzig Mal links, fünfzig Mal rechts. Die haben alle möglichen verrückten Tricks drauf, aber beim normalen Jonglieren tun sie sich schwer. Ich versuche ihnen zu vermitteln, dass es im Fußball zunächst auf andere Sachen ankommt als auf ,Hacke-Spitze-einszweidrei‘.
Arbeitest du pädagogisch auch manchmal mit deiner eigenen Geschichte, wenn es darum geht, den jungen Spielern klarzumachen, dass Talent allein nicht ausreicht?
Klar, es kommt bei Spielern immer besser an, wenn man selber aus der Erfahrung spricht. Ich versuche immer wieder, meinen Spielern klar zu machen, dass Fußball in erster Linie nicht Geld, schnelle Autos und zwei Stunden Training am Tag sind, sondern dass viel mehr dazu gehört. Man muss sich richtig ernähren, kontinuierlich hart arbeiten, man steht permanent unter Druck, sowohl sportlich als auch durch die Öffentlichkeit.
{media-left}Stichwort ‚Öffentlichkeit‘ – ein Interviewfetzen von dir nach dem sicheren Klassenerhalt 2003 mit Hansa Rostock wurde von Stefan Raab rauf und runter gespielt. War das eine Folter für dich und siehst du es inzwischen entspannt?
(lacht) Eine Folter war es bestimmt, weil das unendlich oft wiederholt wird. Aber mittlerweile juckt es mich nicht mehr. Ich finde es nur faszinierend, dass ich da so lange drauf bin, anscheinend erst letzte Woche wieder. Das ist über zehn Jahre her, das ist ja Wahnsinn. Natürlich ist es als Fußballer ein bisschen bitter, wenn man durch solchen Scheiß in Erinnerung bleibt, aber es stört mich nicht mehr wirklich. Ich finde es nur immer wieder interessant, wenn mir kleine Kinder sagen, ,Sie waren schon wieder drauf‘. Dann frage ich mich vor allem, warum die so spät noch wach sind und fernsehen. (lacht)
Apropos Kinder – wie sieht deine eigene Familienplanung aus?
Meine Frau ist hochschwanger. Wir haben vor einem Monat geheiratet. Das Kind ist im Dezember dran, aber es kann sein, dass es ein bisschen früher kommt.
Dann wünschen wir dir und deiner Frau das Beste, dass das Kind gesund zur Welt kommt!
Danke!
Marco, vielen Dank für deine Zeit und viel Spaß jetzt beim Training!
Danke! Mach’s gut.
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