Anfang der Woche verletzte sich SGD-Keeper Patrick Wiegers schwer am rechten Knie und wird der Sportgemeinschaft somit mehrere Monate fehlen. Im Training zog sich der 30-Jährige einen Riss des vorderen Kreuzbandes sowie einen Meniskuseinriss zu.Mittlerweile befindet sich „Wiege“, wie er von allen gerufen wird, deshalb bereits in der Asklepiosklinik St. Wolfgang in Bad Griesbach, wo er am Donnerstag operiert wird. Wir haben mit dem Schlussmann vor seiner OP telefoniert, um mit ihm über seine schwere Verletzung und deren Folgen zu sprechen.
Dabei gibt der Torhüter, der seit 2014 in Diensten der Sportgemeinschaft steht, Einblicke in seine Gefühlswelt, verrät, wer aus dem Team nun die Rolle des Antreibers übernimmt und erklärt, warum er der festen Überzeugung ist, dass Dynamo am Ende der Spielzeit den Wiederaufstieg feiern können wird.
Erst mal das Wichtigste vorweg, ‚Wiege‘. Wie geht es dir im Moment? Hast du starke Schmerzen?
Zum Glück bin ich fast schmerzfrei. Wenn man etwas Gutes in der Sache sehen will, ist es auf jeden Fall das. Solange ich mich ruhig positioniere und das Bein zur Ruhe kommen lasse, habe ich überhaupt keine Schmerzen.
Wie genau kam es zu der schlimmen Verletzung im Training?
‚Agye‘ (Agyemang Diawusie, Anm. d. Red) ist mit dem Ball an mir vorbeigelaufen und das wollte ich nicht so einfach zulassen. Ich habe versucht ihn ein bisschen festzuhalten, dadurch wurde ich in die Drehung mitgenommen und mein Knie hat sich komplett verdreht. Ich habe es zweimal ordentlich knacken gehört und sofort gemerkt, dass etwas kaputt ist, auch weil ich in dem Moment riesige Schmerzen hatte. Anschließend musste ich dann sogar mit dem Krankenwagen abtransportiert werden.
{media-left}Was sind nun die nächsten Schritte?
Ich bin im Moment in der Asklepiosklinik St. Wolfgang in Bad Griesbach und werde hier morgen Vormittag von Prof. Dr. Angele operiert, mit dem ich mich nach der ersten Untersuchung im Universitätsklinikum in Dresden in Verbindung gesetzt und alles geklärt habe. Ich konnte die letzte Nacht bei meinen Eltern verbringen, was eine schöne Begleiterscheinung ist, weil ich mich durch die Nähe zu meiner Heimat, die nur eine halbe Stunde weg ist, trotz allem sehr geborgen fühle. Wenn die OP morgen früh über die Bühne gegangen ist, bleibe ich voraussichtlich bis Sonntag oder Montag noch hier. Und dann hoffe ich, dass alles wieder schnell vorwärts geht.
Du bist jemand, der normalerweise eine unglaublich starke, positive Mentalität an den Tag legt. Wie gehst du mit einer solchen Hiobsbotschaft um?
Im ersten Moment war es natürlich schon ein Schock, weil ich gerade in der momentanen Situation gerne dabei gewesen wäre, um das Ding gemeinsam mit der Mannschaft zu Ende bringen zu können. Jetzt geht es in die finale Phase und ich kann nicht mehr mithelfen. Das hat selbstverständlich sehr geschmerzt. Trotz alledem bin ich davon überzeugt, dass die Jungs das auch ohne mich hinbekommen. Sie haben mir versprochen, für mich jetzt noch mal einen draufzulegen. Ich glaube fest daran, dass ihnen das gelingen wird und hoffentlich stehe ich dann in sechs Wochen ohne Krücken vor ihnen und wir können zusammen das ganze Jahr erfolgreich abschließen und feiern.
Seit 2014 stehst du schon in Diensten der SGD - nun läuft dein Vertrag im Sommer aus. Auf einer Spieltagspressekonferenz hast du vor Kurzem betont, dass du dir sehr gut vorstellen könntest, hier zu bleiben und sogar gescherzt, dass du nichts dagegen hättest, der ‚Gianluigi Buffon‘ von Dynamo Dresden zu werden. Inwieweit hat die Verletzung jetzt Auswirkungen auf deine Pläne für die Zukunft?
Überhaupt keine. Ich weiß, dass solche Verletzungen einfach dazugehören, auch wenn ich natürlich gehofft hatte, davon verschont zu bleiben. Ich kann jetzt wieder scherzen und sagen, dass Buffon ja mittlerweile 43 ist und immer noch spielt. Ich werde bald 31 und habe dementsprechend noch einige Jahre vor mir. Ich muss und werde nicht ans Aufhören denken. Ich werde mich wieder zurückkämpfen und zurückbeißen und hoffe, dass der Verein mir die Möglichkeit gibt, das hier in Dresden zu tun. Mal schauen, wie es weitergeht. Für mich heißt es jetzt erst mal gesund werden und alles andere wird sich zeigen.
{media-right}Trotz deiner Rolle als Ersatztorwart zählst du als einer der dienstältesten Spieler seit Langem zu den Leadern im Team der Sportgemeinschaft und bist als Motivator, Ansprechpartner und Antreiber jemand, der seine Mannschaftskollegen in schwierigen Momenten immer wieder aufbaut. An wen richtest du dich, wenn du Zuspruch brauchst?
Ich war überwältigt von den vielen Anrufen und Nachrichten, die ich bekommen habe. Mein Handy hat die letzten zwei Tage geglüht. Auch die vielen Genesungswünsche und der Zuspruch von den Jungs haben mich riesig gefreut. Ich lasse sie bestimmt nicht hängen und werde Gas geben. Generell bin ich aber nicht so der Typ, der groß Zuspruch in solchen Situationen braucht. Ich nehme das eher dankend auf und ziehe noch mehr Motivation daraus, das dadurch in mich und meine Stärken gesetzte Vertrauen irgendwann wieder zurückzahlen zu können. Klar sind meine Familie und engsten Freunde ein großer Anker, weil sie mich immer bei allem unterstützen und mir den Rücken freihalten.
Ausgerechnet im Saisonendspurt wirst du deinen Kollegen im Training, in der Kabine und am Spielfeldrand fehlen. Wer übernimmt nun deinen Part als Antreiber?
Da bin ich auch sehr gespannt. (lacht) Ich würde in den kommenden Wochen gerne in der Kabine Mäuschen spielen. Aber ich bin ja auch nicht aus der Welt und werde mit Sicherheit einen Weg finden, trotzdem meinen Senf dazuzugeben. Unabhängig davon haben wir aber mit Sicherheit genügend Typen in der Mannschaft, die vorne weggehen. Beispielsweise sind ‚Knipser‘ (Tim Knipping, Anm. der Red) oder Basti Mai zwei, die in wichtigen Situationen die richtigen Worte finden werden und diese auch authentisch rüberbringen.
In dieser Spielzeit ist die SGD von großem Verletzungspech geplagt. Wo liegen deiner Meinung nach die Gründe für die vielen Ausfälle? Machen sich der komprimierte Spielplan und die kaum vorhandene Sommer- und Winterpause durch die Corona-Pandemie bemerkbar oder ist das alles wahrscheinlich wirklich nur großes Pech?
Darüber habe ich mir auch schon vor meiner Verletzung Gedanken gemacht, weil uns immer wieder vor allem diese schweren Verletzungen treffen. Bei mir persönlich war es mit Sicherheit nicht der Spielplan. (lacht) Es ist am Ende einfach ein Zusammenspiel von Vielem. Natürlich hast du viele Spiele in kurzer Zeit und wenige Pausen, in denen man auch vom Kopf mal herunterfahren kann. Trotz dieses großen Pensums sind wir aber von kleineren Muskelverletzungen und dergleichen weitestgehend verschont geblieben, was zeigt, dass wir grundsätzlich körperlich auf einem richtig guten Niveau sind. Deshalb ist die Fülle dieser schweren Verletzungen für mich auf jeden Fall auch ein Stück weit Pech. Diese Dinge können manchmal schnell passieren und gehören eben leider auch zum Fußball dazu.
{media-left}Ihr spielt eine ganz starke Saison und habt als Tabellenführer die beste Ausgangslage. Trotzdem bleiben Rostock und Ingolstadt auf Schlagdistanz und auch 1860 München lauert noch im Hintergrund. Wie blickst du auf die enge Konstellation an der Tabellenspitze der 3. Liga acht Spieltage vor Saisonende?
Ich persönlich mag solche Situationen und mir ist das sogar lieber, als acht Punkte Vorsprung zu haben. Das würde zwar einige Nerven schonen, aber irgendwo bleibt so der Druck da. Wenn man hochwill, muss man damit umgehen können und auch in der 2. Bundesliga wird dieser Druck nicht weniger. Man muss immer am Limit spielen, Vollgas geben und da sein. Ich denke, dass uns das ganz guttut. Wir haben alles selbst in der Hand und müssen jetzt gegen die kommenden Gegner fleißig punkten.
Du bist sowohl mit Jahn Regensburg als auch mit der SGD schon mal in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Auf was kommt es in der jetzigen Phase am meisten an, wenn man das große Ziel Aufstieg erreichen will?
Man darf den Fokus nicht verlieren und muss sich bei jedem Spiel erneut vor Augen führen, dass es unabhängig von der jeweiligen Situation um 90 Minuten Fußball geht, an deren Ende meist ein Sieger und ein Verlierer feststehen. Man darf sich nicht verrücktmachen und muss weiterhin Spaß dabei haben sowie eine gewisse Gelassenheit an den Tag legen, auch wenn man weiß, dass jeder Moment ein entscheidender sein kann. Nur so kann man konstant die notwendige Leistung abrufen, um am Ende erfolgreich zu sein.
Warum bist du davon überzeugt, dass die SGD am Ende der Spielzeit immer noch oben steht und ihr den Wiederaufstieg packt?
Weil wir uns nie aus der Ruhe bringen lassen. Wir haben schon so viele Nackenschläge in dieser Saison einstecken müssen – sei es durch Verletzungen, Corona oder andere Dinge. Doch da sind wir immer wieder herausgekommen, auch weil wir eine große Qualität und Breite im Kader haben, wodurch Vieles aufgefangen werden konnte. Jeder hat für sich seinen Anteil daran, dass das große Ganze funktioniert. Deshalb glaube ich nicht, dass wir uns das in den nächsten sechs Wochen noch nehmen lassen. Wir sind in unserem Charakter und unserem Auftreten so gefestigt, dass wir das bis zum Schluss durchziehen werden und erst aufhören, wenn wir das Ziel erreicht haben.
Das hoffen wir sehr. Zunächst einmal drücken wir aber natürlich dir ganz fest die Daumen für die bevorstehende Operation und wünschen dir den bestmöglichen Genesungsverlauf, auf dass du bald wieder bei uns bist. Vielen Dank für das Gespräch und deine Zeit, ‚Wiege‘.
Interview: Marcel Devantier
Dies ist eine migrierte News einer früheren Website-Version der SG Dynamo Dresden. Wir bitten um Verständnis, dass es aus technischen Gründen möglicherweise zu Fehlern in der Darstellung kommen kann bzw. einzelne Links nicht funktionieren.