Anfang Januar wurde der Vertrag von Jan Seifert als Nachwuchsleiter der SGD vorzeitig bis ins Jahr 2024 verlängert. Damit wurde ein weiteres wichtiges Zeichen gesetzt, den seit einiger Zeit sehr erfolgreichen Weg von Dynamos Nachwuchs Akademie konsequent und langfristig weiterzuführen.Im Moment ist dabei das nahezu alles bestimmende Thema der Umgang mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie, die den Spielbetrieb im deutschen Jugendfußball seit vielen Monaten praktisch zum Erliegen bringt.
Deshalb haben wir uns mit Dynamos Nachwuchsleiter Jan Seifert zum Telefoninterview verabredet, in dem der 52 Jährige, der von allen nur „Seif“ gerufen wird, über die aktuellen Herausforderungen für sich, seine Mitarbeiter und vor allem auch die jungen schwarz-gelben Talente spricht. Dabei gibt er einen Ausblick auf die kommenden Monate, erklärt, warum die Durchlässigkeit vom Jugend- in den Profibereich bei der SGD so hoch ist und was ihm persönlich der Verein bedeutet.
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Leben, wie wir es kannten, sind auch zum Start ins Jahr 2021 weiterhin enorm. Wie muss man sich aktuell als Außenstehender gerade das Leben und Arbeiten in der Nachwuchs Akademie vorstellen?
Ich glaube, dass ist aktuell nicht anders als bei allen Menschen, die beispielsweise in einer Firma oder in einem Geschäft arbeiten. Gerade ist es bei uns im Nachwuchs so, dass wir kein Training abhalten können. Die Trainer und Jugendspieler sind zuhause und können auch nur dort etwas machen. Das ist für jeden eine Riesenumstellung. Damit umzugehen ist sehr schwer.
{media-left}Wie ist gegenwärtig die Stimmung im Trainer- und Mitarbeiterstab der Nachwuchs Akademie?
Im Moment sind alle Mitarbeiter der Abteilung in Kurzarbeit. Man sieht sich deshalb im Prinzip nur in Videokonferenzen. Die Stimmung ist insgesamt schon etwas angespannt. Die Trainer würden verständlicherweise am liebsten so schnell wie möglich wieder loslegen. Als Fußballtrainer möchte man eben mit seinen Spielern auf dem Platz arbeiten. Aktuell wird man dabei vollkommen ausgebremst und das ist frustrierend – zurzeit allerdings auch nicht anders möglich. Zudem weiß man nicht, wie lange das noch so weitergeht.
Was sind derzeit die größten Herausforderungen, mit denen Dynamos Nachwuchsabteilung zu kämpfen hat?
Schwer zu sagen, was dabei die größten Herausforderungen sind. Positiv ist erst einmal auf jeden Fall zu erwähnen, dass die Trainer im ständigen Kontakt mit ihren Spielern stehen. Seit dem Lockdown am 14. Dezember bekommen alle, von der U11 bis zur U19, je nach Ausbildungsprinzipien, wöchentlich individuelle Trainingspläne mit Kräftigungsübungen, Laufeinheiten, technischen und kognitiven Einheiten oder Cyber-Training, durch das sie sich fit halten und beschäftigt sind.
Als Leistungszentrum konnte Dynamos Talenteschmiede vor dem Lockdown im Dezember unter Einhaltung eines strikten Hygienekonzepts zumindest teilweise den Trainingsbetrieb für die U-Mannschaften aufrechterhalten. Wie stecken die Kinder und Jugendliche diese herausfordernde Zeit ohne Wettkampfpraxis weg?
Der Wettkampf ist im Endeffekt das Entscheidende für einen Fußballer und das fehlt seit Ende Oktober. Wir durften als Nachwuchsleistungszentrum immerhin noch bis zum 14. Dezember mit gewissen Beschränkungen trainieren und solange das der Fall war, haben wir durch verschiedene Maßnahmen versucht, wettkampfähnliche Reize zu setzen. Dass es jetzt wieder stagniert, ist natürlich der aktuellen Situation geschuldet. Ich glaube aber, dass man das als junger Mensch gar nicht so richtig begreifen kann, weil im Moment auch kaum etwas richtig greifbar ist. Trotzdem steckt das am Ende jeder der Jugendlichen unterschiedlich weg.
{media-right}Die Infektionszahlen in Dresden und der Region sind immer noch unglaublich hoch. Was waren deine Gedanken, als du von der Verlängerung des Lockdowns erfahren hast?
Ich bin der Meinung, dass auch wir als Nachwuchsleistungszentrum angesichts dieser Zahlen eine gewisse gesellschaftliche Verpflichtung haben und deshalb darauf verzichten sollten, eine Sonderstellung oder dergleichen anzustreben. Diese Situation betrifft jeden Menschen, ob jung oder alt. Wenn man die Entwicklung vom vergangenen März bis heute betrachtet, hat sich die Lage nicht nur nicht verbessert, sondern sogar gravierend verschlimmert. Solange jeder versucht, immer und überall irgendwelche Schlupflöcher zu finden, wird das noch lange so weitergehen. Da kann man nur an jeden Menschen appellieren, mitzuhelfen und nach seinen Möglichkeiten alles daran zu setzen, einen Teil dazu beizutragen, dass die Zahlen wieder runtergehen.
Deutschlandweit ist der Spielbetrieb im Amateur- und Nachwuchsbereich bereits seit dem 2. November 2020 ausgesetzt. Ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt abzuschätzen, wann es wieder weitergehen könnte?
Der aktuelle Stand ist, dass der Lockdown noch bis zum 7. Februar geht. Dann muss man erst einmal abwarten, was die Bundesregierung macht. Was den Start der Nachwuchsligen betrifft, gibt es im Moment für die U16- und U15-Regionalliga vom NOFV noch keine Informationen. Für die U19- und U17-Bundesliga wurden vor Weihnachten drei mögliche Szenarien mit den Vereinen besprochen. Die ersten beiden Varianten mit einem möglichen Re-Start Ende Januar beziehungsweise Anfang Februar sind durch die Verlängerung des Lockdowns bereits vom Tisch. Deshalb ist zurzeit ein Trainingsstart am 1. März und die Wiederaufnahme des Ligaspielbetriebs um den 16. März geplant.
{media-left}Einige Talente aus der U19 der SGD trainierten zuletzt vermehrt beim Drittliga-Team mit und wurden sogar im Testspiel gegen den FK Jablonec aufgeboten. Ist das ein Zeichen für die konsequente Weiterführung der erfolgreichen Jugendarbeit des Vereins in den vergangenen Jahren?
Definitiv. Und dazu muss man sagen, dass es nichts mit der aktuellen Corona-Situation zu tun hat, dass einige Nachwuchsspieler bei unseren Profis mittrainieren. Sowohl unter Ralf Minge als auch jetzt unter Ralf Becker war und ist ganz klar zu erkennen, dass wir ein Ausbildungsverein sind und unseren Jugendspielern die Möglichkeit geben wollen, im Profiteam zu spielen und sich dort weiterzuentwickeln. Dazu haben wir uns in den letzten Jahren immer bekannt und das soll auch als zusätzlicher Anreiz für unsere Talente dienen, die sehen, dass der Weg in den Profifußball über Dynamo Dresden gut möglich ist.
Bei Dynamo haben in der jüngeren Vergangenheit viele Fußballer den Sprung vom Jugend- in den Profibereich geschafft. Was sind deiner Meinung nach die ausschlaggebenden Faktoren für diese hohe Durchlässigkeit?
Das liegt an der Philosophie und den Ausbildungsprinzipien der SGD. Wir legen keinen großen Wert auf die Platzierungen der jeweiligen Teams, sondern vielmehr auf die individuelle Ausbildung jedes Spielers. Von großer Wichtigkeit ist selbstverständlich auch, dass die Vereinsführung diese Prinzipien mitträgt und den jungen Talenten eine Chance gibt. Das funktioniert seit einigen Jahren sehr gut, in denen es Dynamo immer wieder gelungen ist, mit Nachwuchsspielern aus den eigenen Reihen in der Profimannschaft die eigene Identifikation zu leben.
Anfang Januar hast du deinen Vertrag als Nachwuchsleiter der Sportgemeinschaft vorzeitig bis ins Jahr 2024 verlängert. Was waren deine Gründe für die Verlängerung?
Der Hauptgrund war für mich, dass ich das Glück habe, hier das machen zu können, was ich schon immer tun wollte: Im Nachwuchs Verantwortung zu übernehmen und jungen Fußballern die Chance zu vermitteln, vielleicht mal in der Bundesliga oder 2. Bundesliga zu spielen. Mir macht es einen Riesenspaß in einem Team zu arbeiten, das mit viel Leidenschaft und großem Einsatz tagtäglich daran arbeitet, Spieler auszubilden. Und außerdem ist mir natürlich der Verein in all den Jahren sehr ans Herz gewachsen.
{media-right}Was sind deine langfristigen Ziele mit der Nachwuchs Akademie?
Wir wollen kontinuierlich mit allen Jugend-Mannschaften in den obersten Ligen spielen, um den Kindern und Jugendlichen die bestmögliche Ausbildung bieten zu können, unabhängig von der Platzierung in der Tabelle. Zudem gilt es, alles was wir erreicht haben, zu stärken, punktuell weiter zu verbessern und dafür zu sorgen, dass der Nachwuchs unabhängig von der Ligazugehörigkeit der Profimannschaft immer auf dem höchsten Level bleibt.
Du warst als Spieler und Trainer für die Sportgemeinschaft aktiv und bist seit 2014 als Leiter der Nachwuchs Akademie angestellt. Was bedeutet Dynamo Dresden für dich?
(lacht) Mittlerweile könnte ich definitiv ein Buch schreiben. Ich habe hier in all den Jahren unglaublich viel erlebt. Fakt ist schon mal, dass es für mich ein Kindheitstraum war, zu diesem Verein zu kommen. Ich bin in Freiberg geboren und dementsprechend in der DDR großgeworden. Als aktiver Spieler habe ich später immer gesagt, dass Dynamo Dresden ein schlafender Riese ist. Dazu muss man sich nur die Entwicklung der letzten 20 Jahre mit all ihren Höhen und Tiefen vor Augen führen. Mich freut es sehr und macht mich auch stolz, dass ein so traditionsreicher Verein mittlerweile auch im Nachwuchs wieder einen hohen Stellenwert in Deutschland genießt. Außerdem ist Dresden eine geile Stadt in der sich meine Familie und ich sehr wohl fühlen. Deshalb kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, noch mal irgendwo anders hinzugehen.
Vielen Dank für deine Zeit, Seif. Weiterhin alles Gute und viel Erfolg.
Interview: Marcel Devantier
Dies ist eine migrierte News einer früheren Website-Version der SG Dynamo Dresden. Wir bitten um Verständnis, dass es aus technischen Gründen möglicherweise zu Fehlern in der Darstellung kommen kann bzw. einzelne Links nicht funktionieren.