Knapp fünfzig Dynamo-Talente sind aktuell in den beiden Internaten am Messering untergebracht. Nachwuchsleiter Jan Seifert hat uns einen Einblick in den Alltag an der Akademie gegeben und von seiner eigenen Internatszeit in den 1980er Jahren erzählt.Wann ist Zapfenstreich, wie ist es um die Disziplin im Internat bestellt, wie oft kommen unsere Jungs nach Hause? Wir bekamen Antworten auf all unsere Fragen und erfuhren auch, wie der aktuelle Stand beim Thema Zertifizierung ist.
„Seif“, wann ist wieder Leben ins Internat eingekehrt?
Schon Anfang des Jahres. In vielen Schulen ging der Unterricht am dritten Januar wieder los, in den beiden Sportschulen am vierten Januar. Spätestens dann sind auch die Spieler wieder da.
Wie viele Jungs sind derzeit bei euch untergebracht?
In unserem Internat haben wir im Moment 19 Nachwuchsspieler, im städtischen Internat direkt nebenan sind noch mal 26 Jungs untergebracht.
Wie entscheidet sich, ob ein Spieler im Internat der SGD unterkommt, oder ob er im städtischen Internat wohnt?
Im städtischen Internat sind vor allem die Spieler untergebracht, die eine Verbandsempfehlung (Empfehlung vom Sächsischen Fußballverband; A. d. Red.) haben, auf die Sportschule gehen und – wenn sie von außerhalb kommen – ein Anrecht auf einen Internatsplatz haben. In unser Internat nehmen wir auch Spieler ohne Verbandsempfehlung auf, die dann zum Teil auf andere Schulen gehen.
In welchem Alter sind die Jungs in den Internaten?
Es beginnt mit der siebten Klasse, nach oben geht es dann bis zu den Abiturjahrgängen.
Wie oft kommen die Jungs nach Hause?
Das hängt ein bisschen davon ab, wie weit der Heimweg ist. Viele Jungs fahren jedes Wochenende nach Hause. Sie werden von ihren Eltern am Freitag abgeholt und rechtzeitig zum Spiel wieder abgeliefert. Spieler wie Kevin Ehlers oder Toni Lecke (beide U17; A. d. Red.), die aus anderen Bundesländern kommen, kommen natürlich seltener nach Hause, oft nur einmal im Monat.
Hast du als Nachwuchsspieler auch in einem Internat gelebt?
Ich war von 1981 bis 1985 im Internat an der Sportschule in Karl-Marx-Stadt, dann noch mal bis 1987 in Aue.
Wie ist es dir damals ergangen?
Ich war von Haus aus keiner, der mit Heimweh zu kämpfen hatte, meine Erinnerungen ans Internat sind grundpositiv. Für junge Menschen ist der Schritt aus dem behüteten Umfeld zuhause oft förderlich, gerade in puncto Eigenverantwortung und persönliche Weiterentwicklung. Auf der anderen Seite ist es natürlich die Aufgabe der Pädagogen und Erzieher, immer ein Auge darauf zu haben, wie sich jeder Einzelne entwickelt, auch was die schulischen Leistungen angeht.
{media-left}Gibt es einen engen Austausch zwischen den Erziehern im Internat und den Lehrern?
Ja, unbedingt, alles andere wäre grob fahrlässig. Bei uns laufen diese Dinge bei Lars Nitzsche zusammen, unserem pädagogischen Leiter, er hält den permanenten Kontakt zu allen Schulen.
Lars obliegt es dann auch, Disziplinverstöße zu ahnden?
(lacht) Im Moment haben wir eigentlich nur brave, ruhige Jungs im Internat, bei denen er kaum ernsthaft intervenieren muss. Bei groben Disziplinverstößen gibt es natürlich Sanktionen, das kann soweit gehen, dass man einen Spieler eine Woche aus dem Training rausnimmt oder er am Wochenende nicht spielt. Natürlich immer in Abstimmung mit den Trainern. Grundsätzlich versuchen wir aber, die pädagogischen Erfolge nicht über Sanktionen zu erzielen. Fehler sind menschlich, wichtig ist, dass sie sich nicht wiederholen.
Der Zapfenstreich wird also eingehalten?
Spätestens um 22.30 Uhr sollte langsam Ruhe einkehren, bei den jüngeren Jahrgängen schon früher, das ist gestaffelt. Es hat sich aber gezeigt, dass auch Spieler, die sich hin und wieder etwas mehr Freiheiten herausgenommen haben, trotzdem ihren Weg gegangen sind, wenn ich beispielsweise an Markus Schubert und Marvin Stefaniak denke. (lacht) Als Jugendlicher gewisse Dinge auszutesten, gehört auch dazu. Das war bei uns damals nicht anders. Es muss aber immer im Rahmen bleiben.
Markus’ Familie lebt bei Nossen, Marvin kommt aus Hoyerswerda.
Beide wären jeden Tag mehr als zwei Stunden unterwegs gewesen, wenn sie gependelt wären. Deshalb ist das Internat oft auch dann eine gute Lösung, wenn Spieler aus der näheren Umgebung zu uns kommen. Das hängt manchmal auch einfach davon ab, wie gut die Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist.
Wenn du damals mit heute vergleichst, in welchen Bereichen siehst du die größten Unterschiede?
Wenn seinerzeit das Zimmer nicht tipp topp aufgeräumt und die Betten gemacht waren, dann durften wir nicht nach Hause fahren. Es gab klare Regeln, das war ein bisschen wie beim Militär, entsprach damals aber einfach dem Zeitgeist. Das hat sich schon deutlich gelockert.
Die modernen Talenteschmieden bauen zum Teil ja auf das KJS-System auf, oder?
In mancherlei Hinsicht haben die KJS (Kinder- und Jugendsportschulen; A. d. Red.) für die modernen Talenteschmieden Modell gestanden. Was den Umfang der Betreuung angeht, waren die Sportinternate in der DDR beispielsweise schon perfekt organisiert. Ohne dass ich das pauschal vergleichen möchte, aber die KJS waren dem Ausbildungssystem im Westen sicher keineswegs unterlegen. Davon profitieren die Nachwuchsleistungszentren im Osten heute immer noch spürbar.
Wie sieht der typische Tagesablauf im Internat heute aus?
Die meisten Spieler kommen am Sonntagabend von zuhause an, manche auch erst Montagfrüh vor Schulbeginn. In der Regel frühstücken die Jungs gemeinsam im Internat, dann geht es in den Unterricht. Manchmal ist auch vormittags schon Training, und danach noch Unterricht. Zum Mittag essen die Jungs in der Mensa, nachmittags setzen sie sich dann an die Hausaufgaben. In dieser Zeit ist auch ein Betreuer anwesend, der ein Auge darauf hat, dass sie das nicht schleifen lassen. Abendbrot gibt es wieder in der Mensa, einmal in der Woche findet im Internat ein Kochabend statt. Dann haben immer zwei Spieler den Hut auf, gehen mit einem Erzieher einkaufen und kochen für alle anderen. Zweimal in der Woche gibt es nach dem Abendbrot außerdem Nachhilfeunterricht mit qualifizierten Lehrern, darunter auch unser Kapitän Marco Hartmann.
Der Weg zu den Trainingsplätzen ist am Messering kurz, aber auch Sportgymnasium und Sportoberschule liegen direkt am Internat – ein Standortvorteil?
Auf jeden Fall. Wir sind sehr froh über die räumlichen Gegebenheiten, die man so nicht an allen Standorten vorfindet. Hinzu kommt, dass die Nachwuchs Akademie auch sonst sehr gut angebunden ist. Mit der Straßenbahn kommt man schnell in die Stadt, zum Bahnhof oder ins Stadion. Das ist ein echter Vorteil.
Im Moment läuft die aktuelle Zertifizierungsperiode, wie ist der Stand?
Wir haben alle Unterlagen fristgerecht am 29. Januar eingereicht. Im Laufe des Februars bekommen wir Bescheid, wann die Audit-Woche durchgeführt wird. Diese erstreckt sich in der Regel über drei bis vier Tage, einschließlich Wochenende. Ab Juli können wir dann mit dem Gesamtergebnis rechnen.
„Seif“, danke dir für das Gespräch!
Interview: Jan Franke
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