Seit Jahrzehnten hält er der Sportgemeinschaft als eingefleischter Fan, Dauerkarteninhaber, Auswärtsfahrer und Trainingslagerbesucher zusammen mit seiner Frau Uschi die Treue. Lutz Siebeneichler beobachtet das Geschehen um seinen Herzensverein schon immer genau und freute sich natürlich riesig, dass mit Start in diese Spielzeit endlich wieder Zuschauer in den Fußballstadien zugelassen sind.Wir haben uns im Telefoninterview mit dem 59-jährigen Dachdecker aus Thallwitz, der bei allen drei Pflichtspielen der SGD in dieser Saison vor Ort war, über die Rückkehr der Fans ins Stadion unterhalten und wollten von ihm wissen, was aus seiner Sicht gut lief und wo er als Fan noch Verbesserungsbedarf sieht.
Wie hat sich die Zuschauerrückkehr für dich als Dynamo-Fan angefühlt?
So richtig kann ich das Erlebte gar nicht in Worte fassen. Im Vergleich zum Saisonauftakt gegen Ingolstadt, wo nur 7.000 Menschen dabei sein konnten, war die Stadionatmosphäre im DFB-Pokal gegen Paderborn ein echter Quantensprung. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass 13.000 Fans für so eine Ekstase auf den Rängen sorgen können.
Was hat diesen Abend für dich zu etwas Besonderem gemacht?
Alle Spieler, aber auch jeder Zuschauer war an diesem Abend hochmotiviert und wollte alles raushauen, was ging. Das war genial, weil so viele Menschen sich so lange Zeit danach gesehnt haben, endlich wieder solche Momente erleben zu dürfen. Es hat sich angefühlt, als wenn das Stadion ausverkauft war. Mein Dank geht daher an dieser Stelle auch an die Ultras und die gesamte aktive Fanszene des Vereins, weil sie mit ihrem Einsatz dafür gesorgt haben, dass sich der Fußball bei uns im Stadion – auf und neben dem Platz – endlich wieder wie Dynamo Dresden angefühlt hat.
{media-left}Sogar die Paderborner Spieler haben nach dem Abpfiff der Pokalpartie vor den TV-Kameras von der Atmosphäre im Stadion geschwärmt. Sind die Komplimente des Gegners das größte Lob für einen Dynamo-Fan?
Ja, das freut mich sehr. (lacht) Wir haben das beim Spiel selbst mit Lukas Kwasniok erlebt. Mit dem Paderborner Cheftrainer hatten wir während des Spiels auch einen verbalen Schlagabtausch...
Und wie ist er ausgegangen?
Der ist letztlich gut ausgegangen. (Schmunzelt) Nach dem Spiel hatten wir uns wieder lieb. So muss das im Fußball sein. Während der 90 Minuten volle emotionale Kraft voraus, nach Abpfiff reicht man sich die Hand und gut.
Du kommunizierst also während des Spiels auch mit dem Gästetrainer?
Ja, wir haben seit vielen Jahren unsere Dauerkarten im Rudolf-Harbig-Stadion direkt hinter der Trainerbank der Auswärtsteams und da kommt es immer mal zu unterschiedlichen Auffassungen, was das Spielgeschehen betrifft. Lukas Kwasniok hat sich während des Spiels einmal zu uns umgedreht und gesagt: ‚Es ist so schön, dass die Zuschauer wieder dabei sind. Diese Atmosphäre ist einfach geil hier‘. Da geht einem als Fan natürlich das Herz auf.
Das heißt, du begrüßt Lukas Kwasniok Ende August per Handschlag, wenn es zum Aufeinandertreffen mit Paderborn in Liga 2 kommt?
(lacht) Nein, nein. Wir wollen es nicht übertreiben. Nach dem Spiel können wir uns dann die Hand geben, wenn die drei Punkte in Dresden geblieben sind.
{media-right}Wie kommst du mit den Maßnahmen zurecht, die derzeit mit dem Stadionbesuch verbunden sind?
Ich habe damit kein Problem, wenn Getestete, Genesene und Geimpfte ins Stadion dürfen, weil ich der Überzeugung bin, dass wir aus der Gegenwart alle zusammen das Beste machen müssen. Aber wäre es denn nicht an der Zeit, dass wir nun langsam zur Normalität wie in anderen Ländern übergehen sollten, jetzt wo jeder Mensch die Möglichkeit hatte, sich aus eigenem Willen und zum eigenen Schutz impfen zu lassen. Was spricht denn jetzt noch dagegen, dass Stadion wieder vollständig auszulasten, wenn nur Getestete, Genesene und Geimpfte hineindürfen? Und warum durften nur 7.000 Menschen zum Saisonauftakt rein? Dafür habe ich als Bürger – bald zwei Jahre nach Pandemie-Ausbruch – kein Verständnis mehr.
Was hältst du vom Vorstoß des 1. FC Köln schon bald nur noch geimpfte Menschen ins Stadion zu lassen?
Das ist ein ganz heikles Thema. Ich sehe das sehr kritisch, wenn ich ehrlich bin. Jeder bekommt das doch gerade in seinem privaten Umfeld mit, wie heiß über solche Themen in allen Familien diskutiert wird. Ein indirekter Impfzwang ist meiner Meinung nach das völlig falsche Zeichen. Entweder man überzeugt die Menschen, sich impfen zu lassen, oder man lässt es. So stelle ich mir eine freie Gesellschaft vor, auch in einer Notlage. Ich habe wirklich Angst davor, dass durch solche Vorstöße unsere wacklige Gesellschaft und somit auch unsere Fanszene noch weiter gespalten wird.
Was wünschst du dir als Fan für die Zukunft?
Wenn der Fan sich nicht irgendwann vom Fußball verabschieden soll, dann sollten die Maßnahmen bei einem so geringen Infektionsgeschehen wie in den zurückliegenden Monaten weiter gelockert werden. Ich wünsche mir das der K-Block so schnell wie möglich wieder voll wird und wir solche Bilder wie in Rostock und Magdeburg auch bald wieder in Dresden sehen werden. Die Reaktion unserer aktiven Fanszene zum Paderborn-Spiel fand ich persönlich genial. Das war das richtige Zeichen. Wir sollten als Fans unseren Einfluss über den Stadionbesuch geltend machen und dort unsere Botschaften platzieren, damit sich etwas ändert.
{media-left}Viele Fans blicken derzeit sehnsüchtig nach Rostock. Was wird dort aus Sicht des Fans besser gemacht?
Dort treten Verein und Stadt zusammen mit den Behörden als Einheit auf. Es werden Dinge ausprobiert, die möglich sind, um Schritt für Schritt wieder in ein normaleres Leben zurückzukehren. Es wäre wünschenswert, wenn wir auch in Dresden zwischen Stadt und Verein wieder mehr ein Miteinander schaffen könnten. Rostock scheint die Bedeutung des F.C. Hansa als Leuchtturm für die Stadt und die Region wirklich verstanden zu haben. Aus der Ferne würde ich sagen, in Rostock suchen sie konsequent im Sinne aller Beteiligten nach Lösungen und nicht danach, was eine gute Sache letztlich verhindert.
Zum Abschluss: Was sagt das Fan-Herz zum Saisonstart der Dynamo-Profis?
Es passt da gerade sehr viel zusammen. Die Mannschaft, der Cheftrainer oder die Geschäftsführer machen gerade alle einen tollen Job. Ich war bei allen drei Spielen im Stadion vor Ort. Mich packt das richtig, mit wie viel Herz alle dabei sind. Es kann gern so weitergehen, dann erlebe ich den Traum von der Bundesliga-Rückkehr vielleicht doch noch irgendwann.
Vielen Dank für das Gespräch und bleib uns bitte treu, Lutz. Grüß uns deine Herzensdame und Ehefrau Uschi bitte lieb. Das nächste Interview führen wir dann mit ihr.
Interview: Henry Buschmann
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